Die Agenda Austria empfiehlt, zu Beginn der Arbeitslosigkeit ein spürbar höheres Arbeitslosengeld auszubezahlen, welches später stufenweise reduziert wird. Die finanziellen Anreize sollten zu einer kürzeren Bezugsdauer führen und damit das Risiko der Langzeitarbeitslosigkeit minimieren.
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Dem dänischen Modell folgend empfiehlt die Agenda Austria, zu Beginn der Arbeitslosigkeit ein spürbar höheres Arbeitslosengeld auszubezahlen, welches später stufenweise reduziert wird.[1] Die finanziellen Anreize sollten zu einer kürzeren Bezugsdauer führen und damit das Risiko der Langzeitarbeitslosigkeit minimieren.
Um der steigenden Langzeitarbeitslosigkeit vorzubeugen, wäre die Abschaffung der Notstandshilfe und deren Integration in das System des Arbeitslosengeldes aus Sicht der Agenda Austria eine sinnvolle Maßnahme. Dafür sollte das Arbeitslosengeld auch länger bezogen werden können, je nach Dauer der vorangegangenen Erwerbstätigkeit. Dem Arbeitslosengeld folgt in unserem Reformvorschlag statt der Notstandshilfe die bedarfsorientierte Mindestsicherung. Damit gäbe es mit dem Arbeitslosengeld eine Versicherungslösung, die dann in eine Sozialleistung übergeht.
Sowohl das Arbeitslosengeld als auch die bedarfsorientierte Mindestsicherung sollten beim Arbeitsmarktservice administriert und ausgezahlt werden. Denn durch eine klare Kompetenzstruktur und eindeutige Zuständigkeit könnte der bürokratische Aufwand deutlich verringert werden. Zudem wäre es für alle Beteiligten einfacher und effizienter, wenn an einer zentralen Stelle über die Ansprüche der Antragssteller auf Sozialleistungen entschieden wird. Hinzu kommt, dass die auszahlende Stelle auch die Bereitschaft zur Teilnahme am Arbeitsmarkt überprüfen kann.
Der Vorschlag der Agenda Austria zu einem neuen Arbeitslosengeld sieht − ähnlich wie bereits im aktuellen System − eine Berücksichtigung der Beitragsjahre vor: Wer länger in das System einbezahlt hat, kann auch über einen längeren Zeitraum Leistungen von der Solidargemeinschaft beziehen. Im Detail sieht das folgendermaßen aus:
Damit würde das Arbeitslosengeld zu Beginn der Arbeitslosigkeit auf ein international übliches Niveau ansteigen. Der Arbeitslosengeldbezieher wäre über den gesamten Zeitraum nicht schlechtergestellt als im jetzigen System. Arbeitslose würden zu Beginn um den Betrag mehr ausbezahlt bekommen, den sie später weniger erhalten. Damit verbunden ist aber ein finanzieller Anreiz, weil das Arbeitslosengeld nach einer bestimmten Zeit absinkt, während es im aktuellen System keine finanziellen Einbußen gibt. Personen, die nicht die volle Bezugszeit des Arbeitslosengeldes in Anspruch nehmen, sind im neuen System finanziell bessergestellt.
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Abbildung 5. Quelle: Eigene Darstellung
Um Mitnahmeeffekte bei saisonaler Arbeitslosigkeit (Bau, Tourismus) zu vermeiden, braucht es begleitende Regelungen. Das großzügigere Arbeitslosengeld zu Beginn der Arbeitslosigkeit soll nicht dazu führen, dass die Arbeitslosigkeit für Saisonarbeitskräfte lukrativer gemacht wird und für die Unternehmen die Möglichkeit vereinfacht wird, die Arbeitskräfte nach der Saison zum Arbeitsamt zu schicken. Denkbar wäre z. B., die Anspruchsvoraussetzungen für das Arbeitslosengeld zu verändern oder bei Verdacht der saisonalen Arbeitslosigkeit das Arbeitslosengeld auf die bisherigen 55 Prozent zu kürzen. Stellt sich über den Verlauf der Arbeitslosigkeit heraus, dass es sich doch um keine saisonale Arbeitslosigkeit handelt, bekommen Arbeitslose das einbehaltene Geld ausbezahlt.
Parallel zur Reform des Arbeitslosengeldes sollte die Notstandshilfe abgeschafft werden. Nach einem Jahr Arbeitslosigkeit stellt sich die Situation wie folgt dar:
Für jene, die nur Anspruch auf 30 Wochen Arbeitslosengeld haben, liegt die Nettoersatzrate in den ersten zehn Wochen bei 65 Prozent. In den nächsten zehn Wochen fällt diese auf 55 Prozent und in den letzten zehn Wochen beträgt sie 45 Prozent. Im Anschluss kann ein Jahr Arbeitslosengeld in der Höhe von 35 Prozent des letzten Einkommens bezogen werden, danach ein weiteres Jahr in der Höhe von 25 Prozent.
Um dies zu veranschaulichen, zeigen wir in Tabelle 2, wann welche Beträge zur Auszahlung kommen würden, und unterscheiden dabei zwischen zwei Bezugsempfängern: Frau Huber mit einem Anspruch auf 30 Wochen Arbeitslosengeld und einem bisherigen Nettomonatseinkommen[2] in Höhe von 2.500 Euro (rechte Spalte) sowie Herrn Maier mit einem Anspruch auf 30 Wochen Arbeitslosengeld und einem bisherigen Nettomonatseinkommen in Höhe von 1.800 Euro (linke Spalte).
Aktuell würde Herr Maier bis zu 30 Wochen lang ein Arbeitslosengeld in Höhe von rund 990 Euro pro Monat bekommen. Nach den ersten 30 Wochen sinkt dieses auf rund 911 Euro Notstandshilfe. Diese könnte Herr Maier dann theoretisch unendlich lang beziehen.
Im neuen System, das die Agenda Austria empfiehlt, bekommt Herr Maier in den ersten zehn Wochen der Arbeitslosigkeit 1.170 Euro ausbezahlt, also um 180 Euro mehr. Danach sinkt das Arbeitslosengeld für weitere zehn Wochen auf die aktuelle Höhe von 990 Euro, in weiterer Folge schrittweise auf 450 Euro. Nach 124 Wochen wird die bedarfsorientierte Mindestsicherung[3] das soziale Sicherungsnetz für Herrn Maier. Zuvor ist aber eine anteilige Aufstockung möglich.
Für Frau Huber würde sich das neue Arbeitslosengeld folgendermaßen auswirken: Mit einem bisherigen Monatsnettoeinkommen in Höhe von 2.500 Euro erhält sie in den ersten zehn Wochen 1.625 Euro und damit 250 Euro mehr als im aktuellen System. Nach zehn Wochen bekäme sie mit dem neuen Arbeitslosengeld die aktuelle Höhe von 1.375 Euro. Im weiteren Verlauf würden ihre Bezüge nach und nach auf 625 Euro sinken. Wie Herr Maier würde auch Frau Huber nach 124 Wochen lediglich die Mindestsicherung erhalten.
Derzeit ist es so, dass die Bezieher der bedarfsorientierten Mindestsicherung prinzipiell nichts dazuverdienen dürfen, ohne dass die Mindestsicherung gekürzt wird. Es gibt aber in jedem Bundesland unterschiedliche Regelungen zu Freibeträgen bei einem beruflichen Wiedereinstieg, die einen geringen Zuverdienst zeitlich begrenzt ermöglichen.
Österreich sollte die geltenden Verdienstgrenzen überprüfen und anpassen. In Deutschland ist es möglich, 100 Euro ohne Abschläge im Monat zusätzlich zur Grundsicherung dazuzuverdienen. Weiters dürfen von einem Zuverdienst zwischen 100 und 1.000 Euro 20 Prozent behalten werden, von allen Einnahmen darüber − bis zu 1.200 bzw. 1.500 Euro mit mindestens einem Kind − noch zehn Prozent. Gerade bei bedürftigen Familien machen die Sozialleistungen oft den Großteil des Einkommens aus. Damit Familien, bei denen zumindest ein Elternteil arbeiten geht, mehr Geld als nur die Grundsicherung zur Verfügung haben, sollte zumindest ein Teil des dazuverdienten Einkommens behalten werden dürfen. Ein ähnliches Zuverdienstsystem sollte man auch in Österreich etablieren, um Arbeiten für Mindestsicherungsbezieher attraktiver zu gestalten. Niederösterreich hat einen Wiedereinstiegsbonus eingeführt, der Mindestsicherungsbeziehern ermöglicht, ein Drittel des Einkommens zu behalten. Dieser Bonus ist auf ein Jahr befristet und löst daher das Anreizproblem nur bedingt.
Den internationalen Beispielen von z. B. Deutschland und Schweden folgend sollten die Wohnkosten im neuen System als Sach- und nicht als Geldleistung eingestuft werden. Durch die direkte Bezahlung der Wohnung kann sichergestellt werden, dass der tatsächliche Bedarf gedeckt ist und jeder Mindestsicherungsbezieher den gleichen monetären Betrag monatlich zur Verfügung hat. Etwaige Mietsteigerungen schmälern dann nicht mehr das Budget des Beziehers.
Momentan wird die Höhe der Mindestsicherung in jedem Bundesland separat festgelegt. Innerhalb der Länder unterscheiden sich die Wohnkosten aber doch signifikant, wohingegen die übrigen Lebenserhaltungskosten ungefähr auf gleichem Niveau sind. Im neuen System sollte die Mindestsicherung auf Bundesebene vereinheitlicht werden. Die Mietpreise unterscheiden sich regional, aber die Mindestsicherungsbezieher wären im ganzen Land gleichgestellt. Bei einer Neuanmietung fällt es im neuen System auch sicherlich leichter, eine Wohnung zu finden, weil die Mietzinszahlungen staatlich garantiert sind. Analog zu den Systemen in Schweden und Deutschland sollte allerdings nur eine angemessene Wohnung bezahlt werden. Eine österreichweite Mindestsicherung sollte nicht zum Spielball der Politik werden. Die Höhe der Auszahlung sollte durch eine Expertenkommission festgelegt werden. Darüber hinaus sollte diese Kommission bestimmen, was für die unterschiedlichen Haushaltstypen eine angemessene Wohnungsgröße darstellt.
Bei einer Reform des Arbeitslosengeldes und der sozialen Absicherung in Österreich muss weiterhin ein besonderes Augenmerk auf einige Problemgruppen am Arbeitsmarkt gelegt werden. Das aktuelle System gibt älteren Langzeitarbeitslosen die Möglichkeit, die Zeit bis zur Pensionierung über die Notstandshilfe zu überbrücken, was aber nicht die Regel ist.
Von Langzeitarbeitslosigkeit sind vor allem Ältere betroffen. Sie werden zwar seltener arbeitslos, aber wenn sie ihren Job verlieren, finden sie auch nur schwer einen neuen.[4] Das Risiko, in die Langzeitarbeitslosigkeit zu geraten, ist in der Gruppe der älteren Arbeitnehmer höher. Bei einer Reform des Arbeitslosengeldes sollte das zusätzlich berücksichtigt werden. Hierzulande steigen die Löhne mit zunehmendem Alter stark an. Andere Länder, wie zum Beispiel Schweden, profitieren bei der Aktivierung älterer Arbeitnehmer von einem nur schwach ausgeprägten Senioritätsprinzip. Während es in Österreich üblich ist, dass Arbeitnehmer kurz vor der Pension am meisten verdienen, hängen die Löhne in sehr vielen anderen Ländern stärker von der Arbeitsproduktivität ab.
Nach schwedischem Vorbild sollten sich die österreichischen Kollektivverträge zukünftig mehr an der Produktivität und nicht am Alter orientieren. Auf diese Weise sorgt man dafür, dass Ältere nicht mehr vorzeitig gekündigt werden, bevor sie zu teuer werden.
Eine Lohnanpassung an die Leistungsentwicklung könnte auch im Interesse der Arbeitnehmer sein, die auf diese Weise länger im Job bleiben oder einfacher eine neue Beschäftigung finden könnten. Die Arbeitsverträge älterer Arbeitnehmer sind allerdings häufig so ausgestaltet, dass sie nur schwer kündbar sind. Die dahinterstehende Idee, die Leistung und die Loyalität langjähriger Mitarbeiter zu honorieren und sie trotz möglicherweise sinkender Leistungen weiterhin gleich oder sogar besser zu bezahlen, mag gut gemeint sein – sie schadet aber jenen, die auf der Suche nach einer neuen Beschäftigung sind.
Fußnoten
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