Wie wir gesehen haben, ist die Gruppe der Langzeitarbeitslosen sehr heterogen. Daher sind unterschiedliche Wege der Unterstützung notwendig. Während für einen jungen Geringqualifizierten eine Umschulung das Richtige sein kann, braucht es bei fehlenden Sprachkenntnissen einen guten Deutschkurs. Ältere oder Menschen mit Kindern benötigen wiederum andere Formen der Hilfestellung. Den Langzeitarbeitslosen gibt es nicht. Darüber hinaus sollte der Staat finanzielle Anreize über staatlich geförderte Beschäftigungsformen setzen, damit Langzeitarbeitslosen die Rückkehr in Beschäftigung schneller und leichter gelingt.
Das beste Mittel, (Langzeit-)Arbeitslosigkeit zu reduzieren, ist, sie gar nicht erst entstehen zu lassen. Besonders wichtig ist dies bei älteren Arbeitnehmern.
Daher sollte das Arbeitslosengeld so ausgestaltet sein, dass es zu Beginn der Arbeitssuche eine gute Absicherung bietet, mit zunehmender Dauer aber finanziell unattraktiver wird. Das Arbeitslosengeld sollte in den ersten 17 Wochen von derzeit 55 Prozent des Netto-Letztverdienstes auf 65 Prozent erhöht und dann schrittweise abgesenkt werden. So sollte die Nettoersatzrate in den nächsten 18 Wochen auf dem Niveau von 55 Prozent verharren und nach einer Gesamtbezugsdauer von 35 Wochen dann auf 45 Prozent absinken. Wer länger eingezahlt hat, muss auch länger anspruchsberechtigt sein. Damit steigen die Anreize, möglichst rasch einen Job zu finden. Im Idealfall, bevor die Person länger als ein Jahr arbeitslos ist.[1]
Das Arbeitslosengeld sinkt in fast allen europäischen Ländern mit der Dauer der Arbeitslosigkeit. Es erfolgt dabei meist auch ein Übergang von einem Versicherungssystem in ein Mindestsicherungssystem. Anders ist das in Österreich: Die Notstandshilfe zusammen mit dem Arbeitslosengeld garantiert ein zeitlich unbegrenztes Arbeitslosengeld auf fast unverändertem Niveau. Anders ausgedrückt: Österreich zahlt wenig Arbeitslosengeld, das dafür de facto ewig.
Wichtig: Eine Reform des Arbeitslosengeldes ist aber erst dann zielführend, wenn die coronabedingte Arbeitsmarktkrise überwunden ist. Alle Anreize helfen schließlich nicht, wenn keine ausreichenden Beschäftigungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Aber vorzubereiten ist die Reform bereits jetzt, damit sie bei Bedarf auch zur Verfügung steht.
Verstärkt wird das Problem durch die sogenannte „Geringfügigkeitsfalle“. Gemeint ist, dass Arbeitslose bis zu 475 Euro im Monat dazuverdienen dürfen, ohne die Arbeitslosenunterstützung zu verlieren. Häufig wird die Geringfügigkeit als Sprungbrett in den Arbeitsmarkt betrachtet. Genau das Gegenteil ist aber der Fall. Wer bis zur Geringfügigkeitsgrenze von 475 Euro brutto im Monat dazuverdient, kommt auf 6.650 Euro brutto im Jahr. Netto bleiben ebenfalls 6.650 Euro übrig. Wer aber 476 Euro dazuverdient, kommt netto auf 5.666 Euro im Jahr, verliert also 984 Euro. Obwohl das monatliche Bruttogehalt nur um einen Euro im Monat erhöht wurde. Die gesamten Arbeitskosten steigen für den Arbeitgeber jedoch um mehr als 1.300 Euro jährlich. Das Steuersystem verstärkt das Problem, da oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze Abgaben fällig werden, die den Nettolohn reduzieren. Zudem geht der Anspruch auf das Arbeitslosengeld verloren.
Damit Arbeitslose nicht durch die Geringfügigkeit von einer Vollanstellung abgehalten werden, sollte die Zuverdienstgrenze auf 200 Euro reduziert werden. Gleichzeitig sollten aber die finanziellen Eingliederungshilfen deutlich ausgeweitet werden, wenn diese Personen dennoch in Langzeitarbeitslosigkeit abrutschen (Details dazu unter „Mehr Geld fürs Arbeiten“).
Die Probleme in der Arbeitsvermittlung sind oftmals vielschichtig. Daher sollte ein intensiverer Austausch zwischen AMS und Arbeitssuchenden aufgebaut werden. Es sollten auch, wie bei Mitarbeitergesprächen üblich, Ziele vereinbart werden. Wie in Finnland sollte es eine zentrale Anlaufstelle für die Betroffenen geben, wo alle Informationen und Unterstützungen verschiedener staatlicher Stellen zusammenlaufen: Die Arbeitsvermittlung des AMS, die Gemeinde mit ihren Sozial- und Gesundheitsdiensten, die Sozialversicherung, die für die berufliche Rehabilitation verantwortlich ist, sowie Bildungseinrichtungen, die für Fort- und Weiterbildungsangebote zuständig sind. In Finnland arbeiten all diese Institutionen von einem Standort oder von einer mobilen Einrichtung aus eng zusammen.[2] Das ermöglicht es, zielgerichtet zu fördern und zu fordern.
Fußnoten
Die Staatsschulden sind rasant gestiegen, das Defizit wächst. Österreich muss rasch Maßnahmen setzen, um das Budget zu sanieren. Aber wie soll das gehen, ohne die Wirtschaftskrise zu verschärfen? Die Agenda Austria hat ein Konzept erarbeitet, mit dem der Staat schon im kommenden Jahr knapp 11 Milliarden Euro einsparen kann. Bis zum Ende des Jah
Fast schon im Wochentakt schlagen bei den Unternehmen neue Regeln auf. Es kann schon längst nicht mehr als EU-Bashing gelten, den Regelungswahn der Brüsseler Schreibtischakrobaten als unmäßig zu kritisieren. Wir werfen einen Blick in die Giftküche der Bürokratie.
Schwerpunkt 1: Mehr Wachstum braucht das Land! Wirtschaftswachstum ist in Österreich zu einem Fremdwort geworden. Nicht nur in der Statistik und in den Prognosen der Institute ist es inzwischen weitgehend der Stagnation gewichen. Auch in den Wahlprogrammen der Parteien kommt es kaum noch vor. Man sollte ja erwarten, dass ein Land, dessen reales Br
Wohnen ist in Österreich nicht teurer als in anderen europäischen Ländern. Die Wohnkostenbelastung liegt unter dem EU-Schnitt. Und doch gibt es Verbesserungsbedarf: Künftige Regierungen sollten den Aufbau von Wohneigentum in der Mitte der Gesellschaft erleichtern, den geförderten Mietmarkt treffsicherer machen und dafür sorgen, dass ausreiche
Der Sozialstaat ist eine Errungenschaft, um die uns viele Menschen auf der Welt beneiden – aber auch eine finanzielle Belastung, die sich immer schwerer stemmen lässt. Die nächste Regierung wird um Sparmaßnahmen nicht herumkommen, wenn das System zukunftsfit bleiben soll. Für die Bürger muss das nicht unbedingt Verschlechterungen mit sich br
Eigentlich wollte die Regierung ja die Staatsschulden senken und die Bürger entlasten. Beides ist leider spektakulär misslungen. In der kommenden Legislaturperiode muss die Politik das Ruder herumreißen und einen Sparkurs einschlagen. Die gute Nachricht: Es gibt ziemlich viele Maßnahmen, die man setzen kann.
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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