In der dritten Phase (2013–2020) wurde das System schließlich scharfgestellt. Von nun an wurde die Gesamtmenge an Treibhausgasemissionen nicht mehr durch die Mitgliedstaaten, sondern EU-weit festgelegt und jährlich planmäßig zurückgefahren. Auch die freien Zuteilungen wurden deutlich reduziert. Die Emissionen in den betroffenen Sektoren begannen zu fallen. Inzwischen gehörten auch der innereuropäische Flugverkehr sowie weitere Teile der Industrie dazu. Der Preis kletterte stabil auf ungefähr 20 Euro pro Tonne.
Doch es blieb keine Zeit, sich auf diesem Teilerfolg auszuruhen. In die dritte Phase fiel nämlich das Paris Agreement, mit dem sich 196 Staaten auf das 1,5-Grad-Ziel verständigten. Die EU hatte nun einen entscheidenden Vorteil: Sie verfügte mit dem EU-ETS bereits über ein umfassendes Instrumentarium, das seine Kinderkrankheiten schon überwunden hatte und sich schnell an ambitioniertere Ziele anpassen ließ. Für die vierte Phase (2021–2030) wurde es noch einmal ertüchtigt und an die neue Langfriststrategie der EU (Fit for 55) angepasst. Für das ETS heißt das, dass die Zahl der ausgegebenen Zertifikate nun schneller sinkt als ursprünglich vorgesehen. Der Preis zeigt sich schon jetzt beeindruckt (vgl. Abbildung 2). Stundenweise knackt er sogar die 100-Euro-Marke.
Das ETS hatte unbestritten seine Schwachpunkte. Als Achillesferse hat sich immer wieder die Zahl der im Umlauf befindlichen Zertifikate erwiesen. Das System bietet zwar den Vorteil, dass es einen CO2-Preis am Markt bildet und Politiker das daher nicht selbst tun müssen. Doch die Verteilung der Zertifikate auf die Jahre bis 2050 bleibt weiterhin Sache der Politik. Und wenn die Menge falsch ist, dann ist es der Preis auch. Das Argument für das ETS war aber immer, dass zu hohe oder zu niedrige Preise genauso verschmerzbar sein würden wie eine zu niedrige Menge. Die einzige echte Gefahr aus Klimasicht wäre eine zu hohe Menge. Indem man sich dafür entschieden hat, die Menge zu kontrollieren und nicht den Preis, ist diese Gefahr gebannt.
Und das ETS hat weitere Stärken, die andere Methoden – insbesondere ordnungsrechtliche Maßnahmen – nicht haben. Sie liegen vor allem in der Kosteneffizienz.[1] Natürlich kann man die Klimaziele auch mit Verboten erreichen, es wird dann aber sehr viel teurer. Und gerade deshalb müsste der Staat den Unternehmen dann mit Subventionen zu Hilfe kommen. Das ETS sieht dagegen die Unternehmen selbst in der Verantwortung und generiert sogar Einnahmen. Im Jahr 2021 wurden Zertifikate im Wert von 31 Milliarden Euro versteigert. Das Geld steht dann wieder für Klimaschutz oder für den Ausgleich sozialer Lasten zur Verfügung. Doch wie gesagt: Geld verdienen ist nicht die Hauptaufgabe des ETS. Die Lenkungswirkung soll dadurch entstehen, dass sich die Emissionsrechte immer weiter verknappen. Dann werden langfristige Investitionsentscheidungen entsprechend getroffen, auch wenn der aktuelle Preis niedrig sein sollte. Diese Eigenschaft des ETS nennt man dynamische Effizienz.[2]
Entsprechend erfolgreich zeigt sich die bisherige Bilanz des ETS im Vergleich zu alternativen Reduktionsformen in der EU. Gegenüber 2005 konnten die Emissionen im ETS um 37 Prozent reduziert werden (vgl. Abbildung 4). In den übrigen Bereichen, die von den einzelnen Mitgliedstaaten im Zuge der Effort Sharing Regulation (ESR) mit einer bunten Mischung aus Verboten, Subventionen und nationalen Handelssystemen traktiert werden, betrug die Reduktion nur 13 Prozent; bis 2030 lautet die EU-Vorgabe aber 40 Prozent.
Es wird oft kritisiert, dass das EU-ETS noch immer nur etwas mehr als ein Drittel der europäischen Gesamtemissionen umfasse. Dieser Kritik können wir uns nur anschließen. Die Schlussfolgerung kann nur lauten: Mehr ETS! Für alle.
Fußnoten
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Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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