Arbeitsanreize erhöhen, Langzeitarbeitslosigkeit reduzieren

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Im April 2016 erreichte die Zahl der arbeitslosen Personen in Österreich einen Rekordstand von etwa 350.000. Dies entspricht einer Arbeitslosenrate von 9,1 Prozent – und liegt somit auf einem Niveau, das in der Zweiten Republik zuvor nicht erreicht worden war.

Das ist unerfreulich – noch unerfreulicher ist, dass es sich nicht um ein rein konjunkturelles Phänomen handelt, sondern um ein strukturelles. Nicht nur die Zahl der Arbeitslosen steigt also, seit dem Jahr 2013 nimmt auch die Zahl der offenen Stellen zu. Mit anderen Worten: Das Angebot an Arbeitskräften deckt sich nicht mit der Nachfrage. Das liegt an der fehlenden Qualifikation, aber auch an regionalen Eigenheiten.[1] Zudem werden viele Jobs in Österreich einfach nicht mehr nachgefragt, weil ganze Produktionen ins Ausland abgezogen sind. Natürlich würde eine kräftigere Konjunktur auch mehr schlechter qualifizierte Arbeitssuchende in Beschäftigung bringen – aber eben nicht alle. Um nachhaltige Linderung zu schaffen,bräuchte es ein reales Wirtschaftswachstum von über 3 Prozent pro Jahr.

Wirklich dramatisch ist die Lage bei Langzeitarbeitslosen, deren Zahl sich seit 2013 von 57.000 auf mittlerweile 109.000 nahezu verdoppelt hat. Jeder zehnte Arbeitslose ist mittlerweile länger als ein Jahr ohne Beschäftigung.

Was zu tun wäre:

  • Österreich braucht Investitionen – sie sind die Voraussetzung dafür, dass neue Jobs entstehen und die Arbeitslosigkeit zurückgedrängt werden kann. Entscheidend ist nicht die Höhe der Zinsen und Steuern. Entscheidend ist die Erwartung, das investierte Geld auch wieder zurückverdienen zu können. Die Wirtschaft braucht nicht mehr staatliche Ausgaben, sondern mehr Dynamik. Deutlich weniger Regulierung und ein stabiles rechtliches Umfeld sind neben einem nachhaltig finanzierbaren Staat die besten Voraussetzungen dafür. Für jedes neue Gesetz zwei alte zu streichen und die Gewerbeordnung zu liberalisieren wären erste, wichtige Schritte in diese Richtung.
  • Die Anreize, eine offene Stelle anzunehmen, sind zu intensivieren. Das Arbeitslosengeld ist in Österreich nicht besonders hoch – das Problem ist eher, dass es sehr lange bezogen werden kann. Das Arbeitslosengeld könnte zu Beginn deutlich höher ausfallen, sollte aber nach einigen Monaten sukzessive sinken und nicht länger als ein Jahr ausbezahlt werden.
  • Das System aus lang ausbezahltem Arbeitslosengeld (wenn in Schulung), Notstandshilfe und bedarfsorientierter Mindestsicherung ist nicht nur komplex und unübersichtlich, sondern setzt auch wenig Anreiz, sich möglichst schnell wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Es wäre sinnvoll, wie in Deutschland die bedarfsorientierte Mindestsicherung mit der Notstandshilfe bei einer zentralen Stelle zusammenzulegen. Nicht nur aus bürokratischen Gesichtspunkten sollte dieses System zentralisiert werden, am besten beim AMS. Eine zentrale Stelle könnte auch den Anspruch auf Sozialleistungen und die verpflichtende Bereitschaft, am Arbeitsmarkt teilzunehmen, besser überwachen. Die unterschiedlichen Mindestsicherungssysteme auf Länderebene führen nicht nur zu einem uneinheitlichen System der sozialen Sicherung, sondern auch zu Intransparenz.
  • In Deutschland war die Dezentralisierung der Kollektivvertragssysteme ein sinnvolles Instrument, um Unternehmen gegenüber der Konkurrenz aus Osteuropa wettbewerbsfähig zu halten. Eine flexible Anpassung der Arbeitsverträge wurde möglich (in Abstimmung mit dem Betriebsrat). Dieses Modell hat sich während der Krise und danach als stabil und flexibel erwiesen.[2] Ein zentraler Rahmen mit der Möglichkeit zu flexiblen Anpassungen auf betrieblicher Ebene ist auch für Österreich zu überlegen.
  • Die Inaktivitätsfalle, die entsteht, wenn in Österreich die Mindestsicherung (inklusive Kinderbeihilfe) von Familien deutlich über dem Lohneinkommen der Eltern liegt, muss beseitigt werden. Dazu kann man die Leistungen entweder deckeln oder die Zuverdienstgrenzen aufheben. Beides würde dazu führen, dass der Arbeitsanreiz erhöht wird. Ziel muss es sein, dass Menschen, die Sozialleistungen beziehen, möglichst schnell wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden.
  • Zudem hat die Regierung die Entscheidung zu treffen, ob sie für nicht vermittelbare Langzeitarbeitslose ein Niedriglohnsegment schafft oder ob sie eine dauerhafte Versorgung mit der Mindestsicherung bevorzugt. Eine interessante Alternative wäre die Ausweitung des Kombilohnmodells.

Fußnoten

  1. Freie Jobs in Regionen, in denen es die entsprechenden Arbeitskräfte nicht gibt (Tourismusgebiete), werden nicht besetzt.
  2. Laut OECD verharrt auch die Einkommensungleichheit in Deutschland seit Beginn der Krise auf konstantem Niveau – anders als in den meisten europäischen Ländern. Es sieht also nicht so aus, als hätte Dezentralisierung die Einkommensungleichheit vergrößert.
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