Staatshaushalt

Post aus Brüssel

Die EU-Kommission mahnt Österreich zu einem sparsameren Budgetkurs. Die Warnung kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt.

Die Republik Österreich, genauer gesagt Finanzminister Magnus Brunner, hat einen wenig erfreulichen Brief aus Brüssel erhalten. Die EU-Kommission ist nämlich nicht ganz zufrieden mit unserer Budgetpolitik. Das kommt jetzt vielleicht ein wenig überraschend, schließlich wird Österreich innerhalb der EU ja seit Jahren zu den budgetären Hardlinern gezählt, zur Gruppe der besonders Sparsamen. Wie wir zu diesem Ruf gekommen sind, weiß niemand mehr so genau, schließlich hat das Bundesbudget 49 der vergangenen 50 Jahre mit einem Minus abgeschlossen. Aber jetzt bröckelt das Image. Im Vorjahr ist unser Land nur hauchdünn an einem Defizitverfahren vorbeigeschrammt, in den kommenden drei Jahren will die EU-Kommission aber Einsparungen sehen.

Selbst einstige Krisenländer wie Griechenland, Portugal, Italien und Spanien wachsen stärker als Österreich.

Das ist keine unlösbare Aufgabe, Finanzminister Brunner gibt bis 2027 schließlich jedes Jahr so viel Geld aus wie zu Zeiten der Coronapandemie, obwohl sich diese längst verabschiedet hat. Was aber viele Freunde hoher Staatsausgaben nicht daran hindert, vor den dramatischen Folgen eines Konsolidierungskurses zum jetzigen Zeitpunkt zu warnen. Klar, das ökonomische Umfeld könnte besser sein. In keinem EU-Land hat sich die inflationsbereinigte Wirtschaftsleistung pro Kopf seit 2019 schlechter entwickelt als in Österreich. Ende dieses Jahres wird dieser Wert nach aktuellen Prognosen um 1,7 Prozentpunkte unter das Vorkrisenniveau von 2019 gesunken sein. Das bedeutet den letzten Platz in der gesamten EU. Selbst einstige Krisenländer wie Griechenland, Portugal, Italien und Spanien wachsen stärker als Österreich. Dabei klopft sich die Bundesregierung seit Jahren auf die Schultern, bei jeder Krise die größten Hilfspakete Europas zu verteilen. Das ist nicht gelogen, aber ganz offensichtlich war das nicht die beste Strategie. Die Wirtschaft schrumpft, und die Bevölkerung muss sich mit den höchsten Teuerungsraten Westeuropas herumschlagen; erst im letzten Monat hat uns Spanien mit einer noch stärkeren Inflation überholt.

Während die Wirtschaftsleistung pro Kopf sinkt, steigen die Löhne in keinem westeuropäischen Industrieland stärker als in Österreich. Nicht zuletzt deshalb, weil Österreich eines der ganz wenigen Länder auf diesem Erdball ist, in dem die Unternehmer ihren Beschäftigten die volle Inflation ausgleichen. Deshalb ziehen die Löhne auf und davon, in den vergangenen fünf Jahren sind die Arbeitskosten um mehr als ein Fünftel gestiegen. Früher konnten hohe Kostensteigerungen noch mit einer wachsenden Produktivität abgefangen werden, womit die Wirtschaft des Landes konkurrenzfähig blieb. Seit einigen Jahren ist das anders, die Arbeitsproduktivität je Beschäftigtem steigt nicht mehr, sie sinkt. Warum? Weil immer mehr Menschen immer weniger arbeiten. Obwohl so viele wie noch nie beschäftigt sind, liegt die Gesamtzahl aller geleisteten Arbeitsstunden noch immer unter dem Vor-Corona-Niveau.

Jetzt kann man natürlich der Meinung sein, dass es eine gute Idee wäre, in dieser Gemengelage mit einer 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich und der Einführung von Erbschafts- und Vermögenssteuern gegenzusteuern. Aber vielleicht wäre es klüger, sich Gedanken über ein radikales Wachstumspaket zu machen, das die Wirtschaft nicht außer Landes treibt, sondern hierzulande Wohlstand schaffen lässt. Gemeint sind nicht weitere Fördermilliarden an Unternehmen und private Haushalte, sondern eine radikale Kürzung derselben. Gemeint ist keine Ausweitung der staatlichen Ausgaben, sondern deren Rückführung auf das Vorkrisenniveau, als es noch keine Pandemie gab.

Die Bevölkerung hat sich schon zu sehr an den allumsorgenden Staat gewöhnt.

Mit den eingesparten Mitteln können die Steuern für jene gesenkt werden, die eine funktionierende Geschäftsidee haben, und auch für jene, die noch Bock haben, mehr zu leisten, um sich etwas aufzubauen. Gemeint ist ein nachhaltiges Pensionssystem, das jüngere Bürger darauf vertrauen lässt, eine Zukunft nach eigenen Vorstellungen vor sich zu haben, statt von milliardengroßen Finanzierungslöchern verschlungen zu werden. Wir müssen nicht kürzer und weniger arbeiten, um in Wohlstand leben zu können, sondern mehr und länger. Ein paar Monate später in Frühpension zu gehen, wäre ein guter Anfang. Gemeint sind auch erhöhte Anforderungen an alle hier lebenden In- und Ausländer, sich schneller für eine der 150.000 offenen Stellen zu entscheiden. Gemeint ist eine Ausgabenbremse nach Schweizer Vorbild, die verhindert, dass wahlkämpfende Politiker in ihrem Ausgabenrausch ungeniert auf Rechnung nächster Generationen anschreiben lassen, um die eigene Wiederwahl zu sichern.

Ein derartiges Programm wäre nicht besonders populär. Die Bevölkerung hat sich schon zu sehr an den allumsorgenden Staat gewöhnt. In Österreich können alle den Gürtel enger schnallen, nur der Staat nicht. Der Staat sind wir schließlich alle, wie wir immer wieder zu hören bekommen. Stimmt, seine Zahler allerdings auch. Deshalb sollten wir der EU-Kommission dankbar sein, dass sie den warnenden Brief geschrieben hat, er ist im Interesse aller steuerzahlenden Bürger dieses Landes.

Kolumne von Franz Schellhorn im “Profil” (29.06.2024)

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