Österreich ist das neue Italien – nur ohne Strand und Dolce Vita, dafür mit schwächerem Wirtschaftswachstum und einem höheren Budgetdefizit.
Wer dieser Tage durch die Wiener Innenstadt spaziert, könnte zum Schluss kommen, alles sei in bester Ordnung. Die Kaffeehäuser sind voll, die Fiaker kutschieren Touristen durch die Innenstadt, und in der Staatsoper wird fleißig geprobt. Doch der Schein trügt. Österreich ist in eine veritable politische Krise geschlittert. Erstmals in der jüngeren Geschichte sind zwei Koalitionsverhandlungen in Folge gescheitert, viereinhalb Monate nach geschlagener Nationalratswahl ist weit und breit keine tragfähige Regierungskonstellation in Sicht. Das wird sich auch nicht so schnell ändern, sofern nicht das Führungspersonal der drei großen Parteien getauscht wird: Die FPÖ kann nicht mit der Stocker-ÖVP, die Stocker-ÖVP nicht mit der Kickl-FPÖ, aber auch nicht mit der Babler-SPÖ. Diese wiederum will unter keinen Umständen mit der FPÖ koalieren, obwohl sie keine Gelegenheit auslässt, im Parlament gemeinsame Sache mit ihr zu machen. Wie lange kann und will sich das Land diese politische Freak-Show eigentlich noch leisten?
Immerhin zählt Österreich mittlerweile zu jenem exklusiven Club europäischer Länder, deren inflationsbereinigte Wirtschaftsleistung pro Kopf noch immer unter jener des Jahres 2019 liegt. Wir verlieren Jahr für Jahr munter an Wohlstand, allein die Industrie hat in den vergangenen zwei Jahren sieben Prozent an Wertschöpfung verloren. Wir sind am Weg zur größten Deindustrialisierung in der Geschichte der Zweiten Republik. Gleichzeitig spielen wir um den Titel des Inflationseuropameisters mit, auch die Neuverschuldung ist nur noch in wenigen EU-Ländern höher als in Österreich. Diese betrüblichen Fakten scheinen weder medial noch politisch auf nennenswertes Interesse zu stoßen. Auch die Rating-Agenturen nehmen bisher offenbar keine Notiz davon. Das ist verwunderlich, weil Österreich schon in einigen Monaten ein budgetärer „Shut-Down“ ins Haus stehen könnte. Die Sache ist nämlich die: Gibt es keine Regierung mit einer parlamentarischen Mehrheit, steht der noch amtierenden türkis-grünen Übergangsregierung auch kein ausreichender Finanzrahmen mehr zur Verfügung.
Zumindest die Bundesverfassung ist auf diesen Fall vorbereitet: Die noch amtierende Regierung darf nur die Hälfte jener Schulden aufnehmen, die im Vorjahr erlaubt waren. Gleichzeitig wird das Budget des vergangenen Jahres durch zwölf dividiert und jeden Monat fortgeschrieben. Das ist insofern keine wirklich erfreuliche Nachricht, als der Bundeshaushalt im vergangenen Wahljahr völlig aus dem Ruder gelaufen ist. Bis in den Sommer hinein überstiegen die Ausgaben des Bundes die Einnahmen jeden Monat um gut 30 Prozent. Das setzt sich nun auch heuer Monat für Monat fort. Mit der halben Neuverschuldung lässt sich das aber nicht finanzieren, die logische Folge wäre ein knallhartes Sparpaket, wofür aber seit dieser Woche die politische Mehrheit fehlt. Diese gäbe es vermutlich für ein Budgetprovisorium mit unverändert hohen Ausgaben. In diesem Fall wäre wiederum ein Defizitverfahren unvermeidbar.
So peinlich ein derartiges Verfahren für Österreich auch wäre: Schön langsam drängt sich die Frage auf, ob das nicht möglicherweise die einzige Hoffnung auf Veränderung ist. Um das umzusetzen, wozu den Parlamentariern der Mut beziehungsweise die Erkenntnis fehlt. Das heillos zerstrittene politische Führungspersonal bettelt ja geradezu um eine Fremdverwaltung des Landes. Vielleicht sollte der Nationalrat einen Schritt weiter gehen und gleich die Troika zu Hilfe rufen. Das Dreigestirn aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds hat in den Krisenländern des Südens wahre Wunder gewirkt. Griechenland und Spanien gehören heute zu den am stärksten wachsenden Volkswirtschaften, das wäre ohne die von der Troika diktierten Strukturreformen nicht denkbar. Die Regierungen der einstigen Krisenländer mussten ihre Pensionssysteme sanieren, ihre Arbeitsmärkte flexibilisieren, die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Volkswirtschaft über die gezielte Verbesserung der Bedingungen für die Unternehmen verbessern und ihre aufgeblähten Staatsapparate redimensionieren.
Das alles liest sich wie ein maßgeschneiderter Sanierungsplan für Österreich. FPÖ und ÖVP hatten die einmalige Chance, diesen in die Tat umzusetzen. Aber den beiden Partei-Chefs war der Streit um das Innenministerium wichtiger. Deshalb: Troika bitte kommen, solange die Fiaker noch munter durch die Gegend fahren und die Kaffeemaschinen auf Hochtouren laufen!
Kolumne von Franz Schellhorn für “Die Presse” (15.02.2025)
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