Corona offenbart viel über das Verhältnis der Österreicher zu Obrigkeit, Staat und Eigenverantwortung, sagt Franz Schellhorn: “Jeder wartet auf Anweisungen von oben.” Ein Gespräch über Österreich im zweiten Lockdown, den Weg nach vorne, Staatshilfen, Konjunkturpakete und die Frage, ob die Skilifte heuer überhaupt aufsperren.
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Weitere Informationen 'Die Corona-Lage eskaliert wieder, das Land ist im zweiten Lockdown – und Wien wird vom islamistischen Terror heimgesucht. Der November war bisher ziemlich hart. Und auch wenn es schön wäre, wirklich gute Nachrichten hat Franz Schellhorn zur dritten Episode mit Nikolaus Jilch nicht bringen können: “Wir wissen jetzt deutlich mehr über das Virus und die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie”, so Schellhorn: “Und können leider auch sagen, dass eine rasche und kräftige Erholung immer unwahrscheinlicher wird. Schlimmer noch: Der aktuelle Lockdown ist wohl nicht der letzte.”
Die Krise offenbare viel: “Wir haben gesehen, dass der kollektive Zusammenhalt nicht so stark ist wie man gedacht hat. Wir sehen auch, dass es in Österreich nicht so einfach ist, Eigenverantwortung einzufordern. Wir haben das den Menschen auch über Jahrzehnte, vielleicht Jahrhunderte abtrainiert. Jetzt wartet jeder auf Anordnungen von oben und keiner fragt: Was kann ich beitragen?” Auch aus Sicht der Wirtschaft sei das “natürlich wahnsinnig unerfreulich.”
Wir müssen uns auf eine Phase einstellen, in der auf gute Nachrichten wieder Rückschläge folgen und in der wir lernen, mit dem Virus zu leben. “Man sollte auch der Bevölkerung ganz offen sagen: Wir wissen nicht, wie lang das dauert. Niemand weiß, wann es vorbei ist, wann die Krise ihr Ende findet.” Es sei deshalb wichtig, in der nächsten Phase flächendeckend Schnelltests zur Verfügung zu stellen, wobei auch hier noch unklar ist, wie verlässlich diese im breiten Einsatz sind. Sollten sie sich als “sicher” herausstellen, wäre das eine “massive Erleichterung des Lebens”, so Schellhorn. Auch Veranstaltungen wären wieder möglich.
Die Regierung habe in einigen Bereichen aus dem ersten Lockdown gelernt – in anderen aber leider nicht. Dass man es diesmal sanfter angehe als im März, sei positiv für das Wirtschaftsleben. Auch die Hilfen scheinen gut gemeint, aber die Umsetzung sei weiterhin ein großes Fragezeichen, so Schellhorn. Die Treffsicherheit lasse sich sowieso erst im Nachhinein feststellen.
Wo Schellhorn aber ein eindeutiges Problem sieht: “Wir geben uns immer noch viel zu leicht mit dem Staat zufrieden. Wir sehen jetzt schon, dass er in der Krise auch große Schwächen hat, vor allem auf den Verwaltungsebenen. Die Strukturen sind sehr verworren, sehr unflexibel. Jeder pocht auf seine wohlerworbenen Rechte, auf die es auch einen Anspruch gibt, rein gesetzlich. Aber das hilft in der Krise nicht weiter. Es gibt eine Möglichkeit, einen eigenen Beitrag zu leisten. Man muss möglichst vorsichtig ist. Dass man auch akzeptiert, dass es eine harte Zeit ist. Je mehr man sich selbst zurücknimmt, desto schneller werden wir die harte Zeit überwinden können.”
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Zur Person: Dr. Franz Schellhorn leitet seit Februar 2013 den in Wien ansässigen Think Tank Agenda Austria. Er studierte Handelswissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien. Vor seinem Studium absolvierte er eine Bankausbildung bei der Creditanstalt, kehrte aber nach der Hochschule nicht in die Finanzwirtschaft zurück, sondern heuerte bei der Tageszeitung „Die Presse“ an, für die er 15 Jahre lange arbeiten sollte. Von 2004 bis 2013 leitete Franz Schellhorn das Wirtschaftsressort der „Presse“, ab dem Jahr 2011 fungierte er zudem als Mitglied der Chefredaktion. Während seiner Tätigkeit bei der „Presse“ schloss Franz Schellhorn im Jahr 2004 sein Doktoratsstudium ab.
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Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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