Innenpolitik

Warum der Pass für die Wahl nicht egal ist

Bei der Wien-Wahl wird für ein Ausländerwahlrecht mobilisiert. Den Befürwortern geht es weniger um demokratische Teilhabe als um Machterhalt.

Bei der Wien-Wahl wird für ein Ausländerwahlrecht mobilisiert. Den Befürwortern geht es weniger um demokratische Teilhabe als um Machterhalt.

Wenn in Wien der neue Gemeinderat gewählt wird, werden 610.000 Menschen nicht abstimmen dürfen. Sie sind von den Wahlen bewusst ausgeschlossen. Den Ausgegrenzten fehlt weder der passende Wohnsitz noch das passende Wahlalter. Ihnen fehlt die passende Staatsbürgerschaft, genauer gesagt die österreichische. Immerhin 35 Prozent aller Wiener im wahlfähigen Alter sind davon betroffen, das ist ein neuer Höchststand in der Geschichte der Zweiten Republik. Viele Bürger und Organisationen halten das nicht nur für ungerecht, sondern auch für höchst undemokratisch. So warnt etwa die Hilfsorganisation SOS Mitmensch bereits vor einer „halben Demokratie“, weil schon in 25 Jahren jeder zweite Wiener mangels österreichischer Staatsbürgerschaft nicht mehr stimmberechtigt sein werde.

Das ist tatsächlich alarmierend. Nun könnte man natürlich die Frage aufwerfen, ob wir es mit der Zuwanderung nicht vielleicht ein wenig übertreiben. Oder uns fragen, warum so viele Wiener nicht Österreicher werden wollen. Stattdessen wird immer vehementer darauf gedrängt, das Stimmrecht auf Ausländer auszuweiten.

Nun könnte man natürlich die Frage aufwerfen, ob wir es mit der Zuwanderung nicht vielleicht ein wenig übertreiben. Oder uns fragen, warum so viele Wiener nicht Österreicher werden wollen.

Diese Rufe kommen ausschließlich von Parteien und Organisationen, die vermutlich nicht tödlich beleidigt wären, wenn man sie links der Mitte verorten würde. Etwa von der SPÖ, den Grünen, den Kommunisten, der Arbeiterkammer, dem ÖGB, SOS Mitmensch oder auch der Caritas. Ihr Argument: Die 610.000 Ausländer leben nicht nur in Wien, sie arbeiten auch hier und zahlen hier ihre Steuern und Sozialbeiträge. Und wer hier Steuern zahlt und zum Gemeinwesen beiträgt, sollte auch bei der Verwendung der Mittel mitreden dürfen.

Diese Argumentationsführung hat was, ist aber aus dieser politischen Ecke kommend etwas überraschend. Schließlich könnte man den Gedankengang ja auch umdrehen: Wer das Wahlrecht an die Steuerleistung knüpft, müsste ja konsequenterweise auch dafür eintreten, dass jemand, der zwar hier lebt, aber keine Steuern und Sozialbeiträge abführt, auch nichts mitzubestimmen hätte. Oder noch extremer: Wer höhere Steuern und Sozialbeiträge zahlt, hätte entsprechend mehr zu entscheiden. Das Wahlrecht an die Steuerleistung zu knüpfen ist also möglicherweise nicht sehr schlau.

Was die Befürworter einer Wahlrechtsausweitung aus gutem Grund verschweigen: Es geht ihnen nicht um demokratische Teilhabe an sich. Es geht ihnen um die Verschiebung politischer Mehrheiten. Den Sozialdemokraten und Grünen ist bestens bekannt, dass Zuwanderer und frisch eingebürgerte Wähler mit Migrationshintergrund bevorzugt zwei Parteien wählen: die Sozialdemokraten und die Grünen. Die eigene Klientel zu erweitern, ist angesichts der schwindenden Wählerschaft ein politisch legitimes Ziel. Es hinter vorgeschobenen Gerechtigkeitsargumenten zu verstecken hingegen nicht.

Zumal diese Verschiebung politischer Mehrheiten auch gar nicht notwendig wäre. Der politische Kompass zeigt ohnehin stabil nach links. Die Österreicher wollen solide Staatsfinanzen, einen gut ausgebauten – aber nicht ausufernden – Sozialstaat und eine kontrollierte Zuwanderung. Und was bekommen sie? Hemmungslos steigende Staatsschulden, neue Möglichkeiten zur Frühverrentung und eine nahezu ungebremste Zuwanderung.

Die Bevölkerung wählt Mitte-Rechts, wird aber konsequent Mitte-Links regiert. Das muss man nicht verstärken, indem man das Wahlrecht ausweitet. Vielmehr sollten wir uns darum kümmern, arbeitswillige Zuwanderer für das Land zu begeistern, ihnen sprachlich auf die Beine zu helfen und damit die Basis dafür zu legen, Staatsbürger dieses Landes zu werden. Das ist der beste Weg, die Geschicke des Landes mitbestimmen zu können.

Wir sollten auch nicht länger so tun, als wäre das herrschende Wahlrecht eine bewusste Schikane Ausländern gegenüber. Diese Regelung entspricht den Grundprinzipien unserer Verfassung. Die Staatsbürgerschaft definiert jene politische Gemeinschaft, die über ihre gemeinsamen Angelegenheiten entscheidet. Politische Mitbestimmungsrechte setzen aus dieser Sicht eine Verbundenheit mit dem Staat voraus, in dem gewählt werden darf. Die Staatsbürgerschaft ist auch kein unerreichbares Gut: Wer sich dauerhaft mit Österreich verbinden will, kann den entsprechenden Schritt setzen. Die Hürden mögen manchen zu hoch sein, aber sie stellen auch sicher, dass die Entscheidung für die österreichische Staatsbürgerschaft eine bewusste ist. Und das ist gut so.

 Kolumne von Franz Schellhorn im “profil” (26.4.2025).

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