Österreich buhlt mit Vermögensteuern und schärferen Regulierungen um Investoren. Dieser Versuch steht im Verdacht, kein durchschlagender Erfolg zu werden.
Ein bekannter österreichischer Medienmanager hat vor mehreren Jahren in einer Ansprache vor der Redaktion einer bürgerlich-liberalen Zeitung, die seit 1848 publiziert, festgestellt, man könne seine Arbeit auf unterschiedliche Arten erledigen. Man könne etwas nicht nur richtig oder falsch machen, sondern auch das Richtige falsch und das Falsche richtig. Nun ist es unerfreulich, wenn man zwar das Richtige will, es aber falsch angeht. Noch viel schlimmer aber ist, wenn man das Falsche richtig macht. Und gerade dafür scheint Österreich ein ausgesprochen gutes Händchen zu haben.
Nehmen wir nur die Versuche des Staates, ausländisches Kapital ins Land zu holen. Erst dieser Tage rückte die halbe Bundesregierung zum „4. Wiener Standortkongress“ aus, um internationalen Investoren die Vorzüge Österreichs schmackhaft zu machen. Zur selben Zeit sind in großen Wiener Anwaltskanzleien Heerscharen von Juristen nur noch damit beschäftigt, den Transfer großer heimischer Vermögen ins Ausland vorzubereiten. Privatpersonen und Stiftungen bringen nämlich ihr bereits im Aufbau hoch versteuertes Eigentum vor dem neuerlichen Zugriff des Staates in Sicherheit. Schließlich wird seit Monaten leidenschaftlich darüber debattiert, wann denn nun endlich Erbschafts- und Vermögenssteuern eingeführt werden. Die Republik Österreich hat also bereits den Schaden, bevor überhaupt klar ist, ob es für neue Substanzsteuern jemals eine politische Mehrheit geben wird. Richtiger kann man das Falsche eigentlich nicht machen.
Das umso mehr, als der Standort jede Menge Kapital bräuchte. Glaubt man Paul Krugman, dem Säulenheiligen vieler linker Ökonomen, entscheidet nämlich die Produktivität eines Landes langfristig fast im Alleingang über die Höhe des Lebensstandards einer Bevölkerung. Jetzt ist es blöderweise so, dass die Arbeitsproduktivität in Österreich pro Beschäftigten seit über zehn Jahren nicht mehr wächst, sondern sinkt. Weil immer mehr Menschen immer weniger arbeiten. Lösen ließe sich das nur mit einer kleinen Produktivitätsexplosion – die wiederum nur mit Investitionen zu schaffen ist. Und dafür braucht es jede Menge Kapital, das aber verrückt sein müsste, sich in Österreich schrittweise enteignen zu lassen.
Nicht gerade geschickt stellt sich das politische Österreich auch in seinen Versuchen an, der Bevölkerung günstigen Wohnraum zu verschaffen. Diese Woche schockierte die Meldung, dass der Markt für freifinanzierte Mietwohnungen heuer um die Hälfte einbrechen wird. Das alles hat natürlich viel mit dem Ende des Gratisgeldzeitalters zu tun, aber nicht nur. Mitten in einer Phase rasant steigender Zinsen wurden die Banken vom österreichischen Staat angewiesen, nur noch an jene Bürger Kredite zu vergeben, die mindestens 20 Prozent der Investitionssumme auf der hohen Kante haben und maximal 40 Prozent ihrer laufenden Einkommen für die Tilgung ihres Immobilienkredits aufwenden. Womit auch noch jene in hohen Bogen aus dem Markt geworfen wurden, die mit den steigenden Zinsen zurechtgekommen wären. Nicht mehr die Banken entscheiden, wer kreditwürdig ist, sondern der Staat.
Quasi zum Drüberstreuen werden auf politischer Ebene die Forderungen immer lauter, den heimischen Wohnungsmarkt noch schärfer zu regulieren. Derzeit ist es ja so, dass der Staat „nur“ die Mieten für Wohnungen in Altbauten festsetzt. Was angesichts unregulierter, und damit stark steigender Baukosten dazu führte, dass sich das Sanieren von Altbauwohnungen kaum noch rechnet – die Renditen vor Steuern liegen schließlich deutlich unter jenen eines Sparbuchs. SPÖ und Grünen geht das aber immer noch zu wenig weit, sie fordern eine staatliche Preisregulierung für den gesamten Mietmarkt – also auch für den Neubau. Zur Überraschung vieler zeigte sich selbst Bundeskanzler Karl Nehammer gesprächsbereit. Jeder Immobilienbesitzer darf also davon ausgehen, dass der Staat demnächst den Preis für das Vermieten aller privaten Wohnungen festlegt. Nachdem es in der Wählerschaft deutlich mehr Mieter als Vermieter gibt, kann man sich vorstellen, wie die Sache ausgehen wird. Jeder potenzielle Immobilieninvestor, der angesichts dieser Aussichten nicht auf der Stelle das Weite sucht, muss einen leichten Dachschaden haben. Österreich zeigt, wie man das Falsche gnadenlos richtig macht.
Die Kolumne von Franz Schellhorn in der “Presse” (16.02.2024)
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