Eine Steuerreform, die ihren Namen verdient, sollte auch die kalte Progression endlich abschaffen.
Im Finanzministerium residiert der ärmste Mann Österreichs, pflegte Hans Jörg Schelling zu sagen. Tatsächlich scheinen Finanzminister dieser Republik Erfolg damit gehabt zu haben, Mitleid bei ihren Steuerbürgern hervorzurufen. So geschah es auch diese Woche. Im Rahmen der Steuerreform wurde die Abschaffung der kalten Progression, der inflationsbedingten automatischen Steuererhöhungen, aufgeschoben. Bundeskanzler Sebastian Kurz nannte die Abschaffung gar „unsozial“. Dabei hieß es in seinem Wahlprogramm von 2017 noch: „Weg mit der kalten Progression – hin zu nachhaltiger Politik.“ Auch die FPÖ wollte sie stets abschaffen.
Das war politisch nachvollziehbar, denn die kalte Progression fällt auch bei Durchschnittsverdienern happig aus, wie ein Beispiel zeigt: Nehmen wir an, eine Vollzeitangestellte, die im Jahr 2017 etwa 3000 Euro verdient hat, bekommt ihr Gehalt jedes Jahr nur um die Teuerung erhöht. 2022 wird sie also um knapp 10,5 Prozent mehr verdienen. Wegen der kalten Progression zahlt sie aber um 22 Prozent höhere Steuern, 1213 Euro in diesem Jahr. Allein die kalte Progression erhöht ihre Steuerlast um 628 Euro. Von der Entlastung der Regierung hat sie im Jahr 2022 eine Steuersenkung von 968 Euro. Auch diese Steuerzahlerin hat ihre eigene Entlastung großteils vorfinanziert.
Wirtschaftsforscher und Finanzrechtler rückten nun aber diese Woche aus, um sich schützend vor die sinneswandelnde Regierung zu stellen. Wenn es die kalte Progression nicht gebe, so der solidarische Tenor, dann hätte der Finanzminister keinen Spielraum mehr für „echte“ Steuerpolitik. Entlastungsschritte wie der Familienbonus seien sonst „nicht möglich“, warnte etwa Finanzrechtsexperte Werner Doralt. Dass den Menschen also jedes Jahr automatisch mehr Steuerlast aufgebürdet wird, ist bloß der Preis, um die Last von den Schultern des Finanzministers zu nehmen, sich anderweitig finanzielle Spielräume zu schaffen.
Das Credo der Regierung, sowie Wifo und IHS, ist also, dass die kalte Progression erst die Spielräume für Steuerstrukturreformen schafft. Die Steuerzahler müssen also nur etwas mehr von ihren Einkommen einzahlen, um dann eines Tages wirklich Strukturreformen zu ermöglichen. Es fehlen aber Hinweise darauf, dass die automatischen Steuererhöhungen der Vergangenheit das Hochsteuerland Österreich zu Reformen genötigt haben.
Denn das Gegenteil stimmt: Würde man die kalte Progression abschaffen, wäre das ein Garant dafür, dass die nächste Steuerreform tatsächlich an die Struktur gehen muss, weil eben das Linke-Tasche-rechte-Tasche-Spiel nicht mehr möglich wäre. Für wirkliche Spielräume müsste die Regierung den Staatsausgaben einmal eine genauere Analyse widmen. Wer den Staat zugunsten der Bürger effizienter machen will, muss über Spitalsreformen, Föderalismus, (Mehrfach-)Förderungen sowie Pensionsantrittsalter diskutieren. Dazu kann die Abschaffung der kalten Progression einen demokratiepolitisch wertvollen Beitrag liefern: Der Verzicht auf die automatischen Steuererhöhungen sollte der Regelfall sein, eine Koalition, die mit den vorhandenen Steuermitteln nicht auskommt, sollte die Steuererhöhung aktiv beschließen müssen.
Wer übrigens Angst vor den sozialen Folgen der Abschaffung der kalten Progression haben sollte, kann sich Länder wie Dänemark, Schweden und die Schweiz ansehen. Interessanterweise sind es Länder, die als Steuerstrukturreformisten bekannt sind, die auch innovative Lösungen wie Ausgabenbremsen oder sogar höhere ökologische Steuern umgesetzt haben. Sie haben sich wohl gedacht: „Weg mit der kalten Progression – hin zu nachhaltiger Politik.“
Kommentar von Lukas Sustala in der Presse (03.05.2019).
Eine Alternative zur Stundenbesteuerung, die das bisherige System weniger stark verändern würde, wäre die Einführung einer zweistufigen Flat Tax.
Die Arbeiterkammer forderte jüngst eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich auf 36 Wochenstunden. Arbeitnehmer mit 40 Wochenstunden müssten um 11,1 Prozent produktiver werden, Arbeitnehmer mit 38,5 Wochenstunden müssten ihre Produktivität um rund 7 Prozent steigern. „Solche Produktivitätssteigerungen sind einfach unrealistisch“
Die hohe Steuerbelastung in Österreich betrifft nicht nur die Einkommen der Bürger, sondern wirkt sich auf alle Lebensbereiche wie beispielsweise auch auf den Tourismus aus. Wenn eine vierköpfige Familie für 3.528 Euro einen Urlaub bucht, zahlt sie dafür nicht nur 3.528 Euro. In Wahrheit bezahlt die Familie für den Urlaub 6.260 Euro. Denn die
Auch wenn der Finanzminister gerne das Gegenteil behauptet: Die kalte Progression wurde nicht zur Gänze, sondern nur zu zwei Dritteln abgeschafft. Das letzte Drittel wird jeden Sommer von der Regierung verteilt. Wie stark die kalte Progression noch immer an den Finanzen der Bürger knabbert, zeigt eine Berechnung der Agenda Austria. Würden die ak
In der Europäischen Union wird Arbeit nur in Belgien und Deutschland stärker belastet als in Österreich. Berücksichtigt man auch die in einigen Ländern übliche Versicherungspflicht (verpflichtende Versicherungen, die nicht vom Staat angeboten werden), liegt Österreich auf Platz vier. Hätte Österreich dieselbe Steuer- und Abgabenbelastung w
Große Aufregung im Neiddebatten-Land Österreich! Das Netzwerk Steuergerechtigkeit will ausgerechnet haben, dass der Milliardär Mark Mateschitz weniger Steuern zahlt als eine Mittelstandsfamilie. Das Netzwerk unterstellte Mateschitz ein fiktives Jahreseinkommen von 1,3 Milliarden Euro und leitete daraus seine Steuerleistung ab, die mit jener eine
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
Lernen Sie uns kennenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenSie müssen den Inhalt von reCAPTCHA laden, um das Formular abzuschicken. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten mit Drittanbietern ausgetauscht werden.
Mehr InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von X. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr Informationen