Der Personalmangel schadet der Wirtschaft. Dem Staat gehen wichtige Einzahler ins Sozialsystem verloren, die Politik schaut dem Treiben tatenlos zu.
Noch nie gab es in Österreich so viele offene Stellen wie im vergangenen Jahr. Im Schnitt waren 200.000 Arbeitsplätze verfügbar; um 40 Prozent mehr als im Jahr davor. Noch 2019 konnte jeder fünfte ausgeschriebene Job innerhalb eines Monates besetzt werden, im Vorjahr gelang das nur bei einem von zehn. Nach Jahren mit hoher Arbeitslosigkeit mag sich die veränderte Situation nach einem Luxusproblem anhören. Und wer jetzt einen Job sucht, ist tatsächlich in einer angenehmen Ausgangslage. Doch die Wirtschaft gerät zunehmend unter Druck: Vor der Pandemie waren nur zwei von zehn Unternehmen in der Europäischen Union wegen Mitarbeitermangels in ihrer Produktion beeinträchtigt, heute sind es bereits drei von zehn. Österreich ist im Dienstleistungssektor etwas stärker betroffen als der EU-Durchschnitt. Der Pensionsantritt der Baby-Boomer-Generation wird das Problem noch verschärfen.
Einige Ursachen für den Mangel sind seit langem bekannt: Seit Jahren passen etwa das Angebot und die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt nicht zusammen. So gibt es viele Arbeitslose im Osten und viel Beschäftigungspotenzial im Westen. Auch die Fähigkeiten der Arbeitssuchenden sind oftmals nicht ausreichend, um die bestehende Belegschaft zu entlasten.
Es gilt jetzt, die vorhandenen Potenziale auf dem Arbeitsmarkt besser zu nutzen und Beschäftigungsanreize zu setzen. So wäre zum Beispiel viel gewonnen, wenn sich die Mobilität der Arbeitssuchenden erhöhen ließe – wenn also mehr Menschen bereit wären, für den Job in ein anderes Bundesland zu pendeln oder zu übersiedeln. Die Politik könnte diese Bereitschaft durch finanzielle Übersiedelungshilfen oder den temporären Verzicht auf Lohnsteuern fördern.
Nicht so populär, aber als Stellschrauben für die Politik ebenso wichtig sind auch Änderungen bei den Zumutbarkeitsbestimmungen. Derzeit gilt ein Job nur dann als zumutbar, wenn die Entlohnung zumindest 80 Prozent (für die ersten 120 Tage des Arbeitslosengeldbezugs) bzw. 75 Prozent (bei Arbeitslosigkeit darüber hinaus) des Einkommens im vorherigen Job beträgt. Gerade weil Langzeitarbeitslose schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, sollte diese Grenze wie in Deutschland ab einer Arbeitslosigkeit von zwölf Monaten auf die Höhe des Arbeitslosengeldes gesenkt werden.
Viel Potenzial wird auch in der Teilzeitbeschäftigung liegen gelassen. Einer der Hauptursachen, warum vor viele Österreicher in Teilzeit arbeiten, sind Fehler im Abgaben- und Sozialsystems. Um Vollzeitarbeit wieder attraktiver zu machen, gäbe es unterschiedliche Möglichkeiten: Der Staat könnte zum Beispiel die Steuerbelastung für mittlere Einkommen senken, damit zusätzliche Arbeitsstunden auch mehr Netto am Konto bringen. Möglich wäre auch ein Sonderabsetzbetrag für Vollzeitbeschäftigte. Einfach auf bessere Zeiten zu warten, ist jedenfalls keine Option. Wenn jetzt nichts geschieht, wird das Problem nur immer größer.
Gastkommentar von Dénes Kucsera in der “Wiener Zeitung” (21.02.2023).
Helmut Schmidt soll einmal gesagt haben, dass sich in der Krise der Charakter beweist. Während in den USA auf die Finanz- und noch stärker auf die Corona-Krise durch die Ausweitung der Arbeitszeit reagiert wurde, sieht es in Europa fundamental anders aus. Die Entwicklung der Arbeitszeit in Österreich ist bereits seit 1995 rückläufig, mit der C
Österreich steckt in der längsten konjunkturellen Flaute seit den 1950er Jahren, die wirtschaftliche Schwächephase schlägt sich nun auch mit voller Wucht auf dem heimischen Arbeitsmarkt nieder:
Auf Österreich kommen massive demografische Veränderungen zu. Bis zum Jahr 2050 wird die Zahl der Menschen über 65 Jahre um rund 50 Prozent steigen, während die Zahl der 20- bis 65-Jährigen deutlich abnimmt.
Die Babyboomer-Generation geht in Pension, immer weniger Junge kommen nach. Allein diese Entwicklung würde auf dem Arbeitsmarkt schon für reichlich Spannung sorgen.
Die Arbeiterkammer forderte jüngst eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich auf 36 Wochenstunden. Arbeitnehmer mit 40 Wochenstunden müssten um 11,1 Prozent produktiver werden, Arbeitnehmer mit 38,5 Wochenstunden müssten ihre Produktivität um rund 7 Prozent steigern. „Solche Produktivitätssteigerungen sind einfach unrealistisch“
Die Diskussionen rund um die gesetzliche Arbeitszeit reißen nicht ab. Während die einen auf eine 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich pochen, argumentieren die anderen mit einer Ausweitung der gesetzlichen Vollarbeitszeit. Währenddessen nehmen die tatsächlich durchschnittlich pro Woche geleisteten Arbeitsstunden in Österreich immer weiter
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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