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Andreas Babler war der Wunschkandidat des bürgerlichen Lagers für die SPÖ-Spitze. Dabei rät schon ein altes Sprichwort, dass man sich vor seinen Wünschen hüten solle.
Wenige Tage, nachdem Hans-Peter Doskozil als neuer SPÖ-Chef die Öffentlichkeit darüber informierte, wie er dieses Land zu verändern gedenkt, skizziert nun der noch etwas neuere SPÖ-Chef Andreas Babler in unzähligen Interviews, was auf uns zukommen wird, sollte er seine Partei wieder ins Kanzleramt führen. Das alles ist ein wenig verwirrend, aber ein paar Erkenntnisse lassen sich aus den turbulenten Vorgängen der vergangenen Wochen risikolos gewinnen.
Erstens hat die SPÖ vorgeführt, dass selbst staatstragende Parteien an einer Aufgabe scheitern können, die bei jeder Schülervertretungswahl reibungslos gelingt: Knapp 600 Stimmzettel unfallfrei auszuzählen. Den hohen Ansprüchen der Partei hat das nicht wirklich geschadet, die SPÖ sieht sich auch nach diesem Debakel wie geschaffen dafür, die Führung des Landes zu übernehmen. Bei günstigem Wahlausgang wird sie nicht nur den Kanzlersessel für sich beanspruchen, sondern auch jenen des Finanzministers. Dieses Selbstbewusstsein würde man sich gerne für zehn Minuten leihen.
Zweitens waren die Abgesänge auf die SPÖ stark verfrüht. Auch wenn sich profunde Kenner der innenpolitischen Lage sicher waren, dass eine etablierte Partei wie die SPÖ noch Jahre brauchen werde, um sich von den peinlichen Vorgängen zu erholen, scheint die Sache bereits nach einer Woche wieder völlig vergessen zu sein. Nicht zuletzt deshalb, weil sich weite Teile der Medienlandschaft innerhalb weniger Tage mit einem mysteriösen Babler-Fieber angesteckt haben. Die Zahl der journalistischen Babler-Groupies wächst schneller als die Preise in den heimischen Geschäften steigen. Es ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil für die „neue SPÖ“, dass ihr medial nahezu alle Fehltritte nachgesehen werden. Ein Luxus, von dem alle nicht links der Mitte stehenden Parteien nur träumen dürfen.
Drittens ist es ein enormer strategischer Vorteil für die SPÖ, dass sie ihren Kompass wieder klar ausgerichtet hat. Niemand wird ihr vorwerfen können, die Bevölkerung darüber im Unklaren zu lassen, wofür die Partei steht und wohin sie dieses Land führen will. Der Kurs zeigt scharf nach links. Hierzulande wird zwar von Politikexperten immer wieder behauptet, dass ein radikaler Linkskurs ins politische Nichts führe, weil es seit Jahrzehnten eine stabile rechte Mehrheit gäbe. Aber das halte ich für ein Gerücht. Auch wenn die Mehrheit der Bevölkerung in gesellschaftspolitischen Fragen konservativ denken mag, tickt sie wirtschaftspolitisch so sozialistisch wie in kaum einem anderen Land Europas. Der Staat ist nicht nur der mit Abstand größte Wirtschaftsfaktor, er gilt vielen Bürgern auch als fürsorglicher Vater, dessen führende Hand ein Großteil der Bevölkerung bei jeder Gelegenheit sucht. Es ist kein Zufall, dass Österreich zu den Ländern mit den höchsten Staatsausgaben zählt. Auch in den Disziplinen Umverteilung und Steuer- und Abgabenbelastung sind wir an der Weltspitze zu finden.
Viertens geht die SPÖ „all in“. Die Partei will noch mehr Staat, noch mehr öffentliche Ausgaben und noch mehr Umverteilung, als das bisher der Fall war. Vermögende und Erben werden kräftig zur Kasse gebeten, wobei sie sich vorerst noch glücklich schätzen dürfen, nur besteuert und nicht gleich enteignet zu werden, wie in „progressiveren“ SPÖ-Kreisen immer öfter zu hören ist. Gehälter werden nach oben hin begrenzt und komplett offengelegt, gearbeitet wird nur noch an 32 Wochenstunden bei vollem Lohnausgleich, Produktionsmittel werden nach Möglichkeit „vergemeinschaftet“. Der Staat wird allen einen Job garantieren und wieder stärker als Chef in Erscheinung treten, auch wenn das in der Vergangenheit nicht gerade von durchschlagendem Erfolg gekrönt war. Die neomarxistischen Umtriebe des neuen SPÖ-Führungsteams dürften die Bevölkerung aber weniger verschrecken als die Haltung der Partei in der Migrationsfrage. Viele Bürger wissen, dass ein großzügig ausgebauter Sozialstaat mit offenen Staatsgrenzen dem finanziellen Untergang geweiht ist. Das ist vermutlich das größte Risiko, dass die Babler-SPÖ eingeht. Aber sie ist auch in dieser Frage glasklar, das verdient zumindest Respekt.
Fünftens steht die These, wonach SPÖ-Chef Andreas Babler für die bürgerlichen Parteien ein Glücksfall (weil besser zu bekämpfen) sei, auf höchst wackeligen Beinen. Auf den ersten Blick scheint zwar alles für einen kantigen Lager-Wahlkampf zwischen Neomarxismus und sozialer Marktwirtschaft angerichtet, der eine klare Entscheidung darüber bringt, wohin die Reise gehen soll. Bei genauerem Hinsehen wird aber klar, dass ein wichtiger Teil fehlt: Ein klar ausgerichtetes marktwirtschaftliches Lager. Deshalb dürfte „Heute“-Chefredakteur Christoph Nusser Recht behalten, wenn er meint, dass alles auf einen Zweikampf zwischen Herbert Kickl und Andreas Babler hinauslaufe. Einem Zweikampf, bei dem es für die Bürgerlichen nicht viel zu gewinnen gibt.
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