In Zukunft sollen nicht mehr die Banken, sondern die Länder entscheiden, wer einen Immobilienkredit bekommt. Heimische Ökonomen und Medien finden das super.
Regieren ist auch nicht mehr das, was es einmal war. Egal, was man macht, von allen Seiten hagelt es Kritik. Niemand ist zufrieden, alle wissen alles besser, nur will sich keiner der Nörgler einer Wahl stellen, um zu zeigen, wie es besser zu machen wäre.
Umso mehr wird die Bundesregierung das Lob genossen haben, mit dem sie diese Woche für ihr Wohnbaupaket überschüttet wurde. Vom WIFO über das IHS bis hin zum Gros der heimischen Medien war eine in diesem Land selten gewordene Welle der Begeisterung zu verspüren. Selbst der „Standard“, für den die ÖVP seit Gründung der Partei noch nichts richtig gemacht hat, zollte euphorischen Beifall. Jetzt will ich ungern die Party crashen, aber vielleicht wäre es nicht schlecht, die Musik ein bisschen runterzudrehen. Aus den folgenden Gründen:
Erstens leben wir in einem Land, in dem die Zweckbindung der Wohnbauförderung 2008 abgeschafft wurde. Mit dem überraschenden Ergebnis, dass die milliardenschwere Wohnbauförderung nicht mehr zur Förderung des Wohnbaus verwendet wird. Sondern zur Förderung politisch opportuner Projekte der Landeshauptleute. Nur ein knappes Drittel des Geldes fließt in den Wohnbau. Weshalb jetzt im Namen der Steuerzahler eine weitere Milliarde „aufgestellt“ werden muss, um den Wohnbau zu fördern. Die Bürger zahlen doppelt.
Zweitens hat der Staat den bestehenden Mietendeckel verschärft, unter dem besonders die Gemeinnützigen Wohnbauträger zu leiden haben, um dann bass erstaunt festzustellen, dass diese in Zeiten wie diesen nicht mehr bauen können, weil sich die immer teurer werdenden Investitionen mit gedeckelten Mieten nicht mehr rechnen. Weshalb die Steuerzahler jetzt das Brieftascherl zücken dürfen, um den Gemeinnützigen unter die Arme zu greifen. Anstatt den kontraproduktiven Mietendeckel wieder abzuschaffen und Bedürftige direkt zu unterstützen.
Drittens hat die staatliche Finanzmarktaufsicht (FMA) die Vergabe von Wohnbaukrediten deutlich erschwert. In einer Zeit, in der die stark steigenden Zinsen bereits als natürliches Regulativ wirkten. Mit dem überraschenden Ergebnis, dass auch noch jene Bürger aus den Kreditmärkten flogen, die mit den höheren Zinsen zurechtgekommen wären. Der Traum vom Eigenheim bleibt seither Spitzenverdienern und Multimillionären vorbehalten. Die Lösung: Der Staat schlüpft in die Rolle des Bankiers und stellt über die Länder jenen Menschen günstige Fixzinskredite zur Verfügung, die aus Sicht desselben Staates (FMA) bei den Banken keine Wohnungskredite mehr bekommen sollen. Läuft!
Viertens rasiert der Staat seine Bürger ab, sobald sie ins Verdienen kommen. Bezieher durchschnittlicher Einkommen müssen fünf Stunden arbeiten, um sich vom versteuerten Geld einen Installateurmeister eine Stunde lang leisten zu können. Doch statt den Faktor Arbeit kräftig zu entlasten, erfindet die Regierung im Namen der hoch besteuerten Bevölkerung einen „Handwerkerbonus Plus“, der die bis zum Gehtnichtmehr besteuerte Arbeit wieder subventioniert.
Fünftens koppelt der Staat den Preis seiner Verwaltungstätigkeiten, wie etwa den Eintrag ins Grundbuch, an den Preis der Immobilie. Derselbe Handgriff kostet also unterschiedlich viel. Beim Ankauf der ersten Immobilie verzichtet der Staat ab sofort gnädig auf einige Gebühren; das ist zu begrüßen, aber keinen überschwänglichen Jubel wert.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Nichts spricht dagegen, dass der Staat für günstigen Wohnraum sorgt. Dafür würde es aber schon reichen, die Steuerbelastung zu senken und die eingehobenen Mittel zur Wohnbauförderung wieder zweckgebunden zu verwenden. Nicht Beamte in den Bundesländern, sondern die Banken sollten darüber entscheiden, wer kreditwürdig ist und wer nicht. Im Fall einer weiteren Bankenkrise sind dann nicht die Steuerzahler in die Pflicht zu nehmen, sondern die Aktionäre. So läuft es zumindest in Ländern, die dem Markt nicht grundsätzlich misstrauen.
Und wenn die Bundesregierung der Meinung ist, dass zu viele Wohnungen leer stehen, muss sie durch eine Neuregelung des Mietrechts dafür sorgen, dass sich das Vermieten wieder lohnt. Bedürftige Haushalte könnten dann direkt über öffentliche Mietzuschüsse gestützt werden.
Das wäre vernünftige Politik. Auch wenn dafür der Applaus von Wirtschaftsforschern und Journalisten ausbleiben sollte.
Die Kolumne von Franz Schellhorn für die “Presse” (02.03.2024)
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