Innenpolitik

Frage an die SPÖ: Darf ein privates Unternehmen privatisiert werden?

Nachdem sich die Republik Österreich aus der maroden Vamed zurückgezogen hat, scheint die Gesundheitsversorgung in Gefahr. Eine rot-weiß-rote Groteske.

Österreich hat einen neuen wirtschaftspolitischen Aufreger: Die Staatsholding ÖBAG steigt aus dem schwer defizitären Gesundheitsdienstleister Vamed aus. Damit sei der Weg frei, einen wichtigen Player auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge der neokapitalistischen Profitgier zu opfern. So sehen das jedenfalls SPÖ-Chef Andreas Babler und der burgenländische Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil in seltener Einigkeit. Der Verkauf der Staatsanteile ermögliche nämlich den Verkauf von 17 Rehabilitationszentren an den französischen „Heuschreckenfonds“ PAI. Das treibt nicht nur gestandene Sozialdemokraten auf die Palme, sondern auch die Ärztekammer. Sie beklagt die fortschreitende „Konzernisierung“ der heimischen Gesundheitsbranche zu Lasten der Patienten und Mediziner. „Solche Entwicklungen müssen gestoppt werden. So darf man mit Gesundheitseinrichtungen und mit den Patientinnen und Patienten nicht umgehen. Ihre Gesundheit ist kein Spekulationsobjekt“, wie die Ärztevertreter in einer Aussendung festhalten. 

Das ist Musik in den Ohren von Hans-Peter Doskozil, er hätte es nicht besser formulieren können. Den Investoren gehe es nur um den Profit, das Wohl der Patienten interessiere sie nicht. Andreas Babler sekundiert: „So etwas gehört verboten. Es gibt Bereiche, mit denen kein Profit gemacht werden darf.“ Gesundheitseinrichtungen, die essenzielle Dienste für die Bevölkerung erbringen, dürften nicht aus staatlicher Hand in die Hände privater Investoren übergehen, fordert die SPÖ, die damit wohl auch den Nerv der Bevölkerung trifft. Gesundheitseinrichtungen haben in Österreich grundsätzlich vom Staat betreiben zu werden und das jedenfalls mit hohen Verlusten, um über jeden Verdacht erhaben zu sein, nur ja nicht am Wohle der Patienten gespart zu haben.

Das Blöde an der Sache ist, dass die beklagte Privatisierung der Vamed nicht erst diese Woche stattgefunden hat. Sondern bereits 1996, als unter dem damaligen SPÖ-Bundeskanzler Franz Vranitzky und dem damaligen SPÖ-Finanzminister Viktor Klima die schwer angeschlagene Medizinsparte der Voest an die börsennotierte Fresenius-Gruppe verkauft, sorry, „verscherbelt“ wurde. Der Staat behielt sich einen Mini-Anteil von 13 Prozent, mit dem die Republik keinerlei Einfluss mehr hatte. Fresenius hätte die Vamed-Teile also auch dann problemlos verkaufen können, wenn die ÖBAG nicht ausgestiegen wäre. Um wichtige Entscheidungen wie den Verkauf von Unternehmensteilen zu verhindern, hätte sich der Staat seinerzeit zumindest die Sperrminorität von 25 Prozent sichern müssen. Warum das nicht geschehen ist, bleibt das Geheimnis der damals involvierten SPÖ-Politiker.

Es ist völlig in Ordnung, wenn der Staat als Anbieter auftritt. Aber dann bitte auch so, dass Mitteleinsatz und Leistung in einem gesunden Verhältnis stehen. Genau das schafft der österreichische Staat aber immer weniger.

Fast 30 Jahre später wird der Verkauf dieses völlig belanglosen Mini-Anteils von derselben SPÖ zum innenpolitischen Megaskandal hochgespielt. Ohne zu erwähnen, dass die Fresenius-Gruppe in den letzten zwei Jahren rund eine Milliarde Euro in die Sanierung der Vamed gesteckt hat. Gespart wurde also nicht bei heimischen Patienten, sondern bei ausländischen Fresenius-Aktionären. Ohne übrigens die Republik Österreich zur Kasse zu bitten, die sich gemäß ihres 13-Prozent-Anteils ja mit 130 Millionen Euro an der Sanierung hätte beteiligen müssen. In Eisenstadt und der Wiener SPÖ-Zentrale wäre die Hölle zugefroren, hätte Fresenius die Republik zum Nachschuss aufgefordert. „Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren!“ wäre im ganzen Land skandiert worden.

Was also bleibt vom „Fall Vamed“? Erstens der Erfolg der ÖBAG, mit ihrem Ausstieg nicht nur die schwer verfeindeten Genossen Babler und Doskozil, sondern auch die alles andere als SPÖ-affine Ärztekammer in ein Boot zu bringen. Zweitens die Erkenntnis, dass die Sozialdemokraten noch immer keinen erwachsenen Zugang zum Thema Staatseigentum gefunden haben. Ja, es ist völlig in Ordnung, wenn der Staat als Anbieter auftritt. Aber dann bitte auch so, dass Mitteleinsatz und Leistung in einem gesunden Verhältnis stehen. Genau das schafft der österreichische Staat aber immer weniger. Die von den Bürgern einkassierten Gelder gehen durch die Decke, während die angebotenen Leistungen sukzessive an Qualität verlieren, nicht zuletzt im Gesundheitsbereich. Das und nichts anderes ist der Grund, warum sich der Staat immer wieder aus diversen Bereichen des täglichen Lebens zurückziehen muss. Verluste gibt es zwar auch im privaten Sektor, wie nicht zuletzt die Vamed zeigt. Für sie haben aber private Investoren zu bezahlen, im staatlichen Bereich sind es wir Steuerzahler.

Kolumne von Franz Schellhorn in der “Presse” (05.07.2024). 

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