Fieberhaft wird diskutiert, welche Koalitionsvariante am wahrscheinlichsten ist. Dabei geht die viel wichtigere Frage unter, was die nächste Regierung alles tun sollte.
Versinkt Österreich nach der Wahl am kommenden Sonntag in der blau-schwarzen Finsternis, wie vor allem Parteien links der Mitte warnen? Oder wird das Land von einer gemäßigten Dreierkoalition in die Zukunft geführt? Das Rennen ist ziemlich offen, würde ich sagen. Aber wichtiger als die Frage, wer denn nun mit wem will und mit wem auf gar keinen Fall kann, scheint mir ohnehin jene zu sein, was denn Österreich in den kommenden fünf Jahren bräuchte, um wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen.
Vor allem einmal die Erkenntnis, dass Wohlstand nicht durch höhere Staatsausgaben, neue Steuern und mehr Bürokratie entsteht. Sondern durch ein stabiles Budget, sinkende Steuern und mehr unternehmerische Freiheit. Das Gegenkonzept haben wir mit überzeugender Erfolglosigkeit in den vergangenen fünf Jahren geübt: Nach exzessivem Deficit-Spending findet sich Österreich am Ende der Wachstumstabelle in Europa wieder. Die künftige Regierung muss deshalb nicht gleich den Ausgabenrasenmäher anwerfen. Am besten wäre eine verlässliche Ausgabenbremse nach Schweizer Vorbild, um den Geldverteilungsdrang unserer Politiker dauerhaft unter Kontrolle zu kriegen. Die Staatsausgaben dürfen dann zwar weiter steigen, aber eben nicht schneller als die prognostizierten Einnahmen – Krisenzeiten ausgenommen.
Und ja, wir alle leben in einem wunderbaren Land mit einem hervorragend ausgebauten Sozialstaat. Aber der Staat wird nicht mehr jede Notlage der Bevölkerung abfedern können. Vielmehr werden wir angesichts des ausbleibenden Wachstums wieder mehr tun müssen, um den Wohlfahrtsstaat in gewohnter Form zu erhalten. Ein paar Monate später in Frühpension zu gehen, wäre zum Beispiel ein überfälliger Schritt, zumal schon heute fast die gesamten Lohnsteuereinnahmen nur dafür verwendet werden, das Defizit im staatlichen Pensionssystem abzudecken. Höchst an der Zeit wäre es auch, die Beschäftigten am globalen Vermögenszuwachs zu beteiligen, indem jedes Unternehmen für seine Beschäftigten in eine betriebliche Pensionskasse einzahlen muss. So könnten etwa die Beiträge für die „Abfertigung Neu“ in eine betriebliche Pensionskasse überführt werden, die gemeinsam mit steuerfreien Zuzahlungen der Arbeitnehmer international veranlagt werden. Wer wissen will, wie man das macht, fragt am besten die dänischen Sozialdemokraten oder die Arbeiterkammer, die das für ihre eigenen Beschäftigten längst hat.
Sollen die heute Jungen einen funktionstüchtigen Sozialstaat vorfinden, braucht es mehr Nettozahler. In diesem Sinne wäre es auch nicht verkehrt, Arbeitssuchende schneller in Beschäftigung zu bringen. Österreich sollte ein höheres Arbeitslosengeld zahlen, das aber mit Fortdauer der Zeit schrittweise absinkt und nach zwei Jahren in die soziale Grundsicherung übergeht. Gut wäre es auch, arbeitswilligen Pensionisten ein Angebot zu unterbreiten, wieder stundenweise in den Job zurückzukehren. Ein Modell dafür wäre etwa dieses: Wer im Ruhestand weiterarbeitet, zahlt wie gewohnt Steuern auf seine Pension, aber das zusätzliche Einkommen (bis zu einer politisch festzulegenden Obergrenze) wird nur einer bescheidenen Fixsteuer unterworfen. Dem Staat blieben zusätzliche Einnahmen, die er sonst nicht hätte, und die Wirtschaft könnte zumindest stundenweise auf erfahrene Kräfte zurückgreifen. So etwas nennt man ein Win-Win für alle Beteiligten.
Selbstverständlich steht es allen Bürgern weiterhin frei, so viele (oder wenige) Stunden zu arbeiten, wie sie das für richtig halten. Wer keine Betreuungspflichten hat, sollte aber nicht mehr erwarten dürfen, für den Einkommensrückgang durch einen Teilzeitjob von der Solidargemeinschaft entschädigt zu werden. Zudem sollte das Steuersystem den Fluchtweg aus der Vollzeit nicht länger mit Geldscheinen pflastern, indem es die Teilzeit begünstigt. Österreich braucht eine steuerliche Entlastung ab der Mitte der Einkommensbezieher. Also dort, wo sich die Vollzeit „abspielt“. Alternativ dazu könnte auch nach Stundenlohn besteuert oder eine zweistufige Flat Tax wie in Polen eingeführt werden: Bis zu einem Monatseinkommen von etwas mehr als 6000 Euro brutto wird einheitlich niedrig besteuert, erst danach steigt die Belastung noch einmal an.
Wie immer die nächste Regierung aussehen wird: Unterbeschäftigt wird sie nicht sein. Jedenfalls dann nicht, wenn sie den schleichenden Abstieg des Landes stoppen und die österreichische Wirtschaft wieder nach vorne bringen will.
Kolumne von Franz Schellhorn in “Die Presse” (28.09.2024)
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