In den USA wurde endlich eine neue Lösung für das Problem steigender Staatsschulden gefunden: Das benötigte Geld wird einfach gedruckt.
Als sich vor etwas mehr als elf Jahren die Finanzkrise über den Globus auszubreiten begann, war den politischen Krisenmanagern eines klar: Für ideologische Debatten blieb keine Zeit, die Weltwirtschaft musste gerettet werden. Die Notenbanken öffneten die Geldschleusen so weit es nur ging, um die Banken mit ausreichend Liquidität zu versorgen. Die existenzielle Gefahr war nach kurzer Zeit gebannt, Politiker aus aller Welt konnten zufrieden zu Protokoll geben, „die Märkte“ wieder einmal vor sich selbst gerettet zu haben.
Auch wenn sich die Lage immer mehr beruhigte, wurden die Geldschleusen offen gehalten. Immerhin wurde noch jede Menge Geld zur Beseitigung der kolossalen Schäden gebraucht. Die Finanzkrise riss gewaltige Löcher in die öffentlichen Haushalte, die ohnehin schon hohen Schuldenpegel schnellten im Zuge von Bankenrettungen und steigender Arbeitslosigkeit noch einmal in die Höhe. Die wahre Dramatik zeigt sich ja immer erst nach der Katastrophe.
Geblieben sind zwei zentrale Lehren. Erstens: Banken dürfen nie mehr eine derartige Größe erreichen, dass sie – einmal in Schieflage geraten – ganze Volkswirtschaften zum Einsturz bringen können und deshalb mit Steuerzahlergeld aufgefangen werden müssen. „Too big to fail“ musste ein Ende haben, wofür staatliche Behörden mit verschärften Regularien zu sorgen hatten. Zweitens: Die Staaten brauchen nach Ausbruch einer Krise ausreichend Zeit, um ihre Budgets wieder in Ordnung zu bringen, ohne die öffentlichen Ausgaben kürzen zu müssen. Deshalb habe die Geldpolitik im Krisenfall länger gegenzusteuern. „What-ever it takes“, wie das EZB-Chef Mario Draghi so offenherzig formulierte.
Wie sieht es nun nach elf Jahren Krisenpolitik aus? Mit der Deutschen Bank und der Commerzbank stehen die zwei Branchenriesen des wirtschaftlich größten Eurolandes vor der Fusion. Schon jede der beiden Banken für sich allein gesehen wäre „too big to fail“. Damit nicht genug, die Nullzinspolitik ist von der Krisenerscheinung zum anleitenden Handlungsprinzip der Geld- und Fiskalpolitik geworden. Selbst in Zeiten der Hochkonjunktur werden die Zinsen künstlich im Keller gehalten, weil niemand den Ausgang aus der geldpolitischen Sackgasse kennt. Während wirtschaftlich starke Länder längst höhere Zinsen zahlen könnten, brächten sie Staaten wie Italien oder Frankreich an den Rand des Abgrunds.
Viele Regierungen haben die Zeit niedriger Kapitalkosten nämlich nicht so genutzt, wie sich die EZB das vorgestellt hat: Statt die Haushalte zu konsolidieren und das billige Geld zur Finanzierung der Anlaufkosten struktureller Reformen zu nutzen, wurde es mit beiden Händen ausgegeben, um die Wähler bei Laune zu halten. Das ist menschlich. Wer riskiert schon gerne seine politische Karriere, wenn das in den Kellern der EZB schlummernde öffentliche Geld nur darauf wartet, abgeholt und unter die Leute gebracht zu werden?
Wer nun meint, dass das so nicht ewig weitergehen könne, wird sich möglicherweise schon bald wundern, was alles möglich ist. In den USA sorgt nämlich gerade eine neue Art der Geldpolitik für Furore. Die Sache nennt sich „Modern Monetary Theory“, die vor allem von der neuen Hoffnung der Demokraten, Alexandria Ocasio-Cortez, populär gemacht wird. Die „progressive“ Linke ruft die USA dazu auf, endlich mehr Schulden zu machen, um öffentliche Investitionen und Sozialausgaben zu finanzieren.
Die dadurch entstehenden Budgetdefizite seien nicht weiter schlimm, sie sollten durch das Drucken von Geld gedeckt werden. Staaten sollten sich einfach bei den Notenbanken verschulden. Einzige Bedingung für das Funktionieren der neuen geldpolitischen Wundermaschine: Die spendierfreudigen Staaten müssen über eine eigene Währung verfügen. Das dürfte sich Nicolás Maduro auch gedacht haben, als er damit begonnen hat, die wirtschaftlichen Probleme Venezuelas „wegzudrucken“. Im einst gefeierten „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ fehlt es heute am Nötigsten, die breite Masse sucht im Müll nach Essbarem, die Teuerungsrate liegt bei unvorstellbaren zehn Millionen Prozent.
Nun will niemand Venezuela mit den USA oder mit Europa vergleichen. Aber selbst in unseren Breiten mehren sich die Anzeichen, dass der geldpolitische Kurs zu schweren Verwerfungen führt: rasant steigende Finanzvermögen für das oberste Promille der Bevölkerung, rasant steigende Kosten für die breite Masse. Auch wenn uns von vielen Anhängern der lockeren Geldpolitik vor Kurzem noch Deflationsangst eingejagt wurde, gehen die Preise in zwei zentralen Bereichen des täglichen Lebens seit Jahren kräftig nach oben: Wohnen und Nahrung. Weil immer mehr von dem billigen Geld in diese beiden Bereiche strömt, um dort lukrativ veranlagt zu werden.
Es ist wohl nur noch eine Frage von Stunden, bis die ersten Politiker von links Entwarnung geben.
Alles kein Problem, der Staat baut einfach Wohnungen und verteilt günstige Nahrung. Das dafür benötigte Geld wird einfach gedruckt – Problem gelöst.
Kommentar von Franz Schellhorn im neuen „Profil“ (18.04.2019).
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Die EU ist schon längst kein wirtschaftliches Schwergewicht mehr. Demografisch und ökonomisch spielt die Musik inzwischen in Asien; die EU und die USA sind auf dem absteigenden Ast.
Seit den 1980er-Jahren hat sich der EU-Anteil am weltweiten Bruttoinlandsprodukt (BIP) fast halbiert; keine 15 Prozent sind es mehr. Vom Bevölkerungsanteil gar nicht zu reden.
Die Finanzpolitik in Europa steht derzeit unter steigendem Druck. Nicht nur die Jahre der Corona-Pandemie und der Teuerungskrise haben die Schulden steigen lassen. Auch in wirtschaftlich guten Jahren wurde fleißig mehr Geld ausgegeben als eingenommen. Nun steigen die Zinsen – aber die Staatsausgaben wachsen munter weiter.
Die „Motherhood-Penalty“ in Österreich ist größer als in vielen anderen westeuropäischen Ländern.
Seit der Finanzkrise stürzt die österreichische Wirtschaft von einer Malaise in die nächste. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf entwickelt sich im Schnitt schwächer als zuvor. Corona hat die Situation noch verschlimmert. In den USA wuchs das BIP pro Kopf nach beiden Krisen unbeeindruckt weiter, wie eine Auswertung der Agenda Austria zeigt.
Um zu analysieren, ob der aktuelle EZB-Zinssatz dazu beiträgt, braucht es ein adäquates Maß dafür, was denn der theoretisch „richtige“ Zinssatz für Österreich wäre. Die EZB selbst trifft ihre Zinsentscheidungen nämlich durch Abstimmung der teilnehmenden Gouverneure; sie folgt keiner deterministischen Regel.
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
Lernen Sie uns kennenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenSie müssen den Inhalt von reCAPTCHA laden, um das Formular abzuschicken. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten mit Drittanbietern ausgetauscht werden.
Mehr InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von X. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr Informationen