Digitalisierung ist angeblich ein zentrales Anliegen dieser Regierung. Von Österreich als digitaler Vorreiter in Europa war die Rede: Breitbandausbau, 5G, digitale Schule oder die digitale Verwaltung.
Leuchtturmprojekte wurden viele ausgerufen. Das digitale „Kaufhaus Österreich“ sollte Amazon den Kampf ansagen. All das wurde medial groß inszeniert, aber rausgekommen ist wenig. Auch der Grüne Pass ist so ein Digitalisierungsprojekt. Auf EU-Ebene setze man sich für eine digitale und einheitliche Lösung ein, national wollte die Regierung gar mit einer eigenen Lösung vorpreschen.
Allerdings hatte man wieder mal die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Bereits früh geriet das Projekt ins Visier der Datenschützer. Man störte sich daran, Gesundheitsdaten mit anderen Informationen zu verknüpfen. Auch über die tatsächliche Umsetzung wurde gestritten. Was lange als Weg in die Freiheit und als der Digitalisierungsschritt schlechthin angekündigt wurde, ist nun nicht mehr als eine PDF-Datei mit einem QR-Code. Immerhin kann man sich als Geimpfter das Dokument am Handy speichern oder ausdrucken. Die Lösung ist faktisch digital, aber die Denkweise bleibt analog. Wir digitalisieren nicht, wir scannen die bekannte Zettelwirtschaft lediglich ein. Wer aber nicht im Gasthaus oder am Flughafen in der Handy-Bildergalerie neben den Kinderfotos nach dem Grünen Pass suchen will, muss immer einen Zettel mit sich rumtragen.
Das Beispiel zeigt, dass in Österreichs Digitalisierungsbemühungen immer wieder unterschiedliche Welten aufeinanderprallen. Datenschutz wird vehement eingefordert, der dann aber den Fortschritt in der digitalen Welt hemmt. Gleichzeitig haben viele Menschen kein Problem damit, ihre Daten freiwillig an Facebook, Google und Twitter abzugeben. Und Politiker, die sich gern als modern inszenieren und rasch Vorzeigeprojekte realisieren wollen, treffen auf eine starre, veraltete Infrastruktur und Beamte, die privat perfekt durchdigitalisiert sind – im Arbeitsalltag Reformen aber fürchten.
Im Ergebnis bekommen wir als Bürger dann genau das: Auf große Ankündigungen folgen Lösungen, die nur Minimalanforderungen erfüllen und selten benutzerfreundlich sind. Der Staat hat über die Jahrhunderte gelernt, Infrastruktur zu errichten. In der realen Welt. In der digitalen stehen wir noch am Anfang. Es braucht digitale Infrastruktur, die strategisch durchdacht ist, die jederzeit um Leistungen erweitert werden kann.
Was in Österreich nach Zukunftsmusik klingt, wird in Estland seit Jahren gelebt. Dort wählen sich die Bürger mit ihrer digitalen Identität im Internet ein und erhalten Zugang zur praktisch jedem Verwaltungsschritt. Datentransparenz stellt sicher, dass die Bürger sehen, was mit ihren Daten passiert. Das schafft Vertrauen und wirkt Missbrauch entgegen. Vielleicht sollte Österreich beginnen, diese funktionierenden Systeme hierzulande zu übertragen, statt permanent das Rad neu zu erfinden. Dann klappt es vielleicht mit der Digitalisierung.
Gastkommentar von Hanno Lorenz für “Kurier” (23.06.2021).
Die öffentliche Verwaltung soll digitalisiert werden. Das verspricht die Politik seit Jahren. Diverse Angebote gibt es bereits, doch der große Durchbruch wollte bisher nicht gelingen. Das liegt nicht nur an der Regierung. Auch die Bürger müssten, im eigenen Interesse, etwas mehr Bereitschaft zur Veränderung aufbringen.
Laut Eurostat verfügen zwar 91 Prozent der heimischen Haushalte über einen Breitbandanschluss – das ist immerhin europäisches Mittelfeld. Doch beim Global Speedtest fallen wir immer weiter zurück und sind inzwischen in den 60er-Rängen angekommen, noch hinter Russland.
Wichtigste Voraussetzung für eine funktionierende digitale Verwaltung ist Vertrauen. Die Esten vertrauten der Regierung ihre Daten an, weil sie in Echtzeit nachvollziehen konnten, was damit passierte. In Skandinavien verließen sich die Menschen früh auf die digitale Kommunikation mit den Behörden, weil sie ihrer Bank ja auch vertrauten.
Im EU-Vergleich sieht Österreich nicht unbedingt vorteilhaft aus. Rund fünf Prozent der Bürger haben im letzten Jahr Formulare nicht online abgegeben, weil ihnen die nötige elektronische Signatur fehlte; nur in Slowenien waren es mehr. Fast vier Prozent haben auf einen digitalen Behördengang verzichtet, weil sie vom Schutz ihrer Daten nicht ü
Dreh- und Angelpunkt von E-Government ist eine digitale Identität. In Österreich wäre das im Idealfall die ID-Austria. Haben Sie nicht? Dann gehören Sie zur übergroßen Mehrheit im Land.
Internationale Rankings weisen die öffentliche Verwaltung in Österreich meist als zumindest durchschnittlich aus. Der Abstand zum absoluten Spitzenfeld ist jedoch groß. Im wichtigen Digital Economy and Society Index (DESI) landete Österreich 2022 auf Platz 10.
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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