Es ist ungerecht, kleine Pensionen stärker zu erhöhen.
Niemand spricht gerne unangenehme Themen an. Niemand überbringt gerne schlechte Nachrichten. Gerade wenn es ums Geld geht. Oder um Versicherungen. Aber es gibt eine Versicherung, die wir alle nutzen. In die wir einzahlen, auf die wir uns verlassen. Und wenn es dort zu Ungerechtigkeiten kommt, sollte man das nicht ansprechen?
Die Rede ist von unserem staatlichen Pensionsversicherungssystem. Das ist an sich relativ simpel konstruiert. Wer mehr verdient, zahlt mehr ein. Wer weniger verdient, muss weniger leisten. Zum Lebensabend erhalten jene, die mehr gezahlt haben, auch eine höhere Pension. Das ist das Versicherungsprinzip. Jährlich werden die Pensionen zudem an die allgemeine Teuerungsrate angepasst, eine Entscheidung für dieses Jahr fällt in den nächsten Wochen.
Das gilt für alle, egal wie hoch die Pension ist. Diese pauschale Anpassung an die Inflationsrate wird von Pensionistenvertretern schon lange kritisiert, da sie zu plump scheint, um auf die Bedürfnisse der älteren Bevölkerung einzugehen. Auf der anderen Seite steht der politische Missbrauch des Pensionssystems. Zuletzt wurden die Pensionen gleich dreimal außertourlich erhöht. Es ist – im Grunde – ein Geldgeschenk, das meist bei den Beziehern niedriger Pensionen ankommt. Das lässt sich leicht verkaufen, kommt bei den Medien gut an und bringt Wählerstimmen. Zudem wird die Altersarmut bekämpft.
Aber die Schattenseiten werden einfach ignoriert. Und die gibt es leider. Die Bezieher höherer Pensionen werden unfair behandelt. Das untergräbt das Versicherungsprinzip, das unserem System zu Grunde liegt. Jene, die mehr einbezahlt haben, werden am Ende benachteiligt. Das klingt natürlich herzlos. Warum sollen jene, die weniger haben, nicht etwas mehr erhalten? Die Antwort ist: Dagegen ist an sich nichts einzuwenden, aber es bräuchte eine Reform des Gesamtsystems. Denn dieses muss immer allen gegenüber fair sein.
Ein weiteres Problem ist die finanzielle Lage des gesamten Pensionssystems. Schon ohne Extra-Geschenke wird dieses vom demographischen Wandel stark gebeutelt. Die Menschen werden immer älter, beziehen also länger Pension. Noch so ein an sich positiver Faktor, der zu strukturellen Problemen führt. Bereits jetzt wird ein Viertel des jährlichen Bundesbudgets dazu gebraucht, um das Pensionsloch zu stopfen, da das Umlageverfahren längst nicht mehr so funktioniert wie es sollte. Mehr als 23 Milliarden Euro, die dem Staat anderswo fehlen. Sonderanpassungen führen zudem zu noch stärkeren Mehrbelastungen des Systems.
Was die Politik hier tut, ist gefährlich. Unangenehme Fakten werden seit vielen Jahren ignoriert. Niemand traut sich, die Probleme zu lösen. Stattdessen wird die Belastung für die Kinder der heutigen Pensionisten immer größer. Wir hätten das gesetzliche Antrittsalter längst anheben müssen. Stattdessen wird das Versicherungsprinzip untergraben.
Gastkommentar von Dénes Kucsera für den “Kurier” (18.08.2021).
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Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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