Foto: © Martin Juen / SEPA.Media / picturedesk.com
Bei ihrem Amtsantritt vor viereinhalb Jahren wollte Türkis-Grün noch die Bürger entlasten und keine neuen Schulden machen. Doch daraus wurde nichts. Auch diese Regierung erlag der Lust am Geldverteilen.
Es handle sich um keine Liebesheirat, betonten die Koalitionspartner zu Beginn ihrer Zusammenarbeit 2020. Dennoch hing der Himmel voller Geigen: Die türkis-grüne Verbindung werde „das Beste aus beiden Welten“ bieten. Versprochen wurde wirtschaftliche und budgetäre Vernunft mit ökologischer und sozialer Schwerpunktsetzung. Man bekannte sich im Regierungsproramm aus „Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen“ ausdrücklich zum „wirtschaftspolitischen Ziel eines ausgeglichenen Bundeshaushalts“. Vor viereinhalb Jahren wirkte das noch nicht einmal wahnsinnig ambitioniert; immerhin hatten Bund und Länder 2019 sogar einen Überschuss erwirtschaftet. Als Ziel wurde auch ausgegeben, „die Schuldenquote der Republik weiter in Richtung Maastricht-Ziel von 60 Prozent zu senken. Unabhängig davon werden die notwendigen Klima- und Zukunftsinvestitionen sichergestellt“, hieß es munter.
Das klang alles wunderbar, war aber eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Beide Vorhaben gehören nämlich zu den Grundpfeilern des EU-Stabilitätspaktes – sind also keine freiwillige Übung, sondern eine bindende Vorgabe aus Brüssel. Doch Türkis-Grün hatte auch eigene Pläne, die über das Erforderliche hinausgingen. Angestrebt wurde „eine Entlastung der Menschen, eine Senkung der Steuer- und Abgabenquote, eine ökologisch-soziale Reform mit Lenkungseffekten zur erfolgreichen Bekämpfung des Klimawandels sowie der Erhalt und der Ausbau von Innovationskraft, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft.“
Was all diese schönen Ziele gemeinsam haben? Sie wurden verfehlt. Mit der Budgetsanierung ist die Regierung krachend gescheitert. Standortpolitisch sieht es leider nicht viel besser aus.
Das hat auch mit der Vielzahl an Krisen zu tun, die uns in dieser Zeit trafen. Niemand wird der Regierung vorwerfen, dass sie in der Corona-Pandemie oder der Teuerungskrise mit Staatshilfen reagierte. Aber die Milliarden wurden und werden zu oft planlos verpulvert.
Die Regierung lobt sich gerne selbst dafür, die im europäischen Vergleich großzügigsten Hilfspakete beschlossen zu haben. Dass es zu hohen Budgetdefiziten führt, wenn man mit beiden Händen Geld ausgibt, ist etwa so überraschend wie Schneefall im Jänner. Zugleich verschaffte Finanzminister Magnus Brunner dem Land die Mitgliedschaft bei den „sparsamen Vier“, einem Klub von EU-Staaten, die für eine strikte Einhaltung der Fiskalregeln plädieren. Doch Brunner scheint die eigenen Ankündigungen nicht ernst zu nehmen. In seiner Budgetrede 2023 machte er keinen Hehl daraus, dass sein Haus auch nach den Krisen weiter mit Defiziten auf Krisenniveau plane. Anfangs spielte die Inflation dem Finanzminister in die Hände und sorgte für sprudelnde Steuereinnahmen. Doch mit Fortdauer der Teuerungswelle stiegen die Kosten auch für den Staat enorm an.
Allen Warnungen zum Trotz beschloss die Regierung ein kostspieliges Ausgabenprogramm nach dem anderen: Die Abgeltung der Inflation für Beamte und Pensionisten erfolgte noch vor den Kollektivvertragsverhandlungen in der Privatwirtschaft. Das Gratis-Klimaticket für Jugendliche, der Energiekostenzuschuss und der erhöhte Klimabonus wurden ohne Finanzierungskonzept verabschiedet. Aller Voraussicht nach werden wir nicht nur heuer, sondern auch im kommenden Jahr gegen die Maastricht-Kriterien verstoßen und ein Defizit über drei Prozent des BIP verbuchen.
Und was wurde eigentlich aus dem Plan, die Belastung der Bürger zu senken? Trotz ökosozialer Steuerreform, Senkung der Körperschaftsteuer und teilweiser Abschaffung der kalten Progression leisten die Bürger in diesem Jahr höhere Abgaben als im Antrittsjahr der Regierung. Die Opposition ruft sogar nach neuen Steuern, um das Haushaltsloch zu stopfen. Zugleich verzeichnet der Staat einen Einnahmenrekord nach dem anderen. An den Finanziers dieses Systems (also an uns) liegt es also nicht, wenn die Politik mit dem Geld nicht auskommt.
Ein Blick in den Norden Europas zeigt, wie es anders laufen könnte. Auch dort gab es Pandemie und Teuerung. Länder wie Schweden und die Niederlande haben einen ausgebauten Sozialstaat und ein konkurrenzfähiges Bildungssystem. Sie treiben die Digitalisierung und Klimatransformation voran. Sie brauchen dafür keine höheren Steuern, machen aber viel weniger Schulden. Es ist also machbar, in Krisenzeiten Geld auszugeben und trotzdem darauf zu achten, kommenden Generationen keinen Schuldenberg zu hinterlassen.
In den drei Monaten bis zur Wahl sollte die Regierung auf ungedeckte Blankoschecks verzichten. Statt über Wahlgeschenke müsste die Politik über eine Pensionsreform nachdenken. Statt einen Subventionswettlauf zu führen, sollte sie lieber die Effizienz der Staatsausgaben erhöhen.
Vor der Sommerpause des Nationalrats stehen noch rund 60 Gesetzesvorhaben auf dem Programm. Wir können alle nur hoffen, dass sie nicht zu weiteren Belastungen des Staatshaushalts führen. Folgt Österreich dem derzeitigen Budgettrend, dann nähern wir uns in großen Schritten italienischen Verhältnissen. Ade „sparsame Vier“. Ciao Dolce Vita.
Gastkommentar von Hanno Lorenz in “Der Standard” (09.07.2024).
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Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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