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Niemand redet die Errungenschaften des österreichischen Wohlfahrtsstaates so gekonnt klein wie dessen Wegbereiter. Das hat einen handfesten Grund.
Wer dem Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler genauer zuhört, wird schnell erkennen, dass dieser Mann gute Chancen hat, eine große politische Karriere hinzulegen. Er glaubt, was er sagt, und er sagt nicht, was seine Berater glauben, dass er sagen sollte, um möglichst viele Leute „abzuholen“, als würden sie irgendwo auf den nächsten Autobus warten. Das gefällt nicht nur eingefleischten Linken. Hinzu kommt, dass die Menschen fast nirgendwo auf der Welt so leicht für billigen Wirtschaftspopulismus zu haben sind wie in Österreich. Und genau das bietet kaum jemand so gekonnt an wie Andreas Babler: Eine Verkürzung der Arbeitszeit auf 32 Stunden die Woche bei vollem Lohnausgleich, das Recht auf eine geheizte Wohnung, auf staatliche Pflege und ein warmes Mittagessen für alle Kinder.
Ganz so, als lebten wir im Wien des 19. Jahrhunderts, in dem böhmische Ziegelarbeiter täglich um ihre Rechte gebracht werden – und nicht in einem reichen Staat, der jährlich 134 Milliarden Euro für die soziale Absicherung der privaten Haushalte ausgibt. Es ist ein Phänomen, dass niemand die Errungenschaften des Wohlfahrtsstaates so gekonnt kleinreden kann, wie der linke Flügel der SPÖ: Bildung werde vererbt, niemand habe die Chance auf den sozialen Aufstieg, kaum jemand könne den Lebensstandard seiner Eltern halten, die Armen verarmen immer mehr, viele hungern und frieren.
In einem Land, in dem die öffentliche Hand den gesamten Bildungssektor kontrolliert und den freien Bildungszugang garantiert, wird Bildung noch immer vererbt? In einem Land, in dem der Staat so viel Geld umverteilt wie in kaum einem anderen Teil auf diesem Planeten, geht die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auf? In einem Land mit einer weltrekordverdächtig hohen Familienförderung braucht es staatliche Suppenküchen, um allen Kindern ein warmes Essen auf den Tisch zu stellen? In einem Land, in dem das Bildungs-, das Gesundheits- und das Pensionssystem mit Haut und Haaren verstaatlicht ist, braucht es mehr Staat, um endlich „soziale Gerechtigkeit“ herzustellen? In einem Land, in dem 96 Prozent der Werktätigen über Kollektivverträge vor den Launen wütender Märkte geschützt sind, braucht es staatlich festgesetzte Mindestlöhne, um endlich für „faire Löhne“ zu sorgen?
Also ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, aber ich habe den starken Verdacht, dass Österreich nicht unter zu wenig Sozialismus und zu viel freiem Markt leidet. Sondern unter zu wenig Markt und zu viel Sozialismus. Um nicht falsch verstanden zu werden: Es ist skandalös, dass hierzulande Familien ihren Kindern keine warme Mahlzeit zubereiten und viele Haushalte ihre Wohnungen nicht ausreichend heizen können. Aber erstens ist das kein Massenphänomen und zweitens ändert man das nicht, indem man alles wirtschaftliche Leben verstaatlicht. Sondern indem die Politik dafür sorgt, dass die milliardenschweren Geldströme genau dort hingeleitet werden, wo sie gebraucht werden: zu den wirklich Bedürftigen.
Aber das reicht linken Populisten nicht. Sie wollen mehr, sie versuchen den allumfassenden Staat durchzusetzen. Kein Weg ist ihnen zu steil, kein propagandistischer Trick zu billig. Weil die tatsächlich Armen in diesem Land zu wenige Wählerstimmen bringen, reden sie einer breiten Masse der Bevölkerung ein, von „den Märkten“ um ein besseres Leben betrogen zu werden. Leute wie Andreas Babler tun so, als wären Staat und Markt Gegner in einem Rennen, das am Ende einer der beiden für sich entscheidet. Die beiden sind aber keine Gegner, vielmehr eine unschlagbare Kombination. Ohne Marktwirtschaft, ohne unternehmerisches Risiko und ohne grenzüberschreitenden Handel gibt es keine Arbeitsplätze, keine Steuereinnahmen, keine Sozialabgaben und kein Leben in Wohlstand und sozialer Sicherheit. Die Marktwirtschaft finanziert den Sozialstaat und der Sozialstaat sorgt im Gegenzug dafür, dass alle Menschen versorgt werden, die das aus eigener Kraft nicht mehr schaffen.
Dieses Modell der sozialen Marktwirtschaft hat die heimische Bevölkerung zu einem niemals für möglich gehaltenen Massenwohlstand geführt. Wir sollten Schwachstellen verbessern, aber es gibt keinen Grund, dieses Erfolgsmodell leichtfertig der politischen Karriere rhetorisch versierter Politiker zu opfern.
Kolumne von Franz Schellhorn für “Die Presse” (16.04.2023).
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