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Die Kanzlerpartei betreibt ungeniert staatliche Sozialpolitik auf Kosten privater Eigentümer. Der Mietendeckel ist eine Schnapsidee, untauglich gegen die Inflation.
Nicht Schwarz-Grün regiert in Österreich, hierzulande regiert der nackte Populismus. Nichts macht das deutlicher als die jüngste Mietpreisbremse, die diese Woche von der Regieung paktiert wurde: Mieten dürfen nicht mehr um die Inflation erhöht werden, sondern nur noch um höchstens fünf Prozent pro Jahr.
Dieser „Deckel“ gilt nicht für alle Mieten, sondern nur für jene, die bereits besonders streng vom Staat reguliert werden und deshalb ohnehin die niedrigsten des Landes sind. Gemeint sind insbesondere Altbauten sowie Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen. Das nützt allen, die bereits eine Wohnung mit niedrigen Mieten haben und nie wieder umziehen wollen oder müssen. Schaden werden die verschärften Preisbremsen nicht nur den Vermietern, deren Einkünfte an Kaufkraft verlieren. Sondern auch all jenen, die verzweifelt nach Wohnraum suchen. Der Preisdeckel führt nämlich unerfreulicherweise dazu, dass weniger renoviert und vermietet wird. Mietwohnungen werden verstärkt in Eigentumswohnungen umgewandelt, um weiteren staatlichen Eingriffen zu entgehen.
Wie zuletzt in Berlin, dort hat sich das Angebot an Mietwohnungen innerhalb eines Jahres nahezu halbiert. Vertreter des gemeinnützigen Wohnbaus haben bereits zu erkennen gegeben, dass der Neubau von leistbaren Wohnungen und die Sanierung des Altbestands mit dem aktuellen Mietendeckel nahezu unmöglich werden.
Ganz so schlimm wird das nicht kommen, in den politischen Hinterzimmern wird bestimmt schon an neuen Förderungen für die Gemeinnützigen gearbeitet – auf Kosten aller Steuerzahler, versteht sich. Die erhöhte Förderung ist der Alleskleber der heimischen Innenpolitik.
Man könnte das alles noch verstehen, wenn der neue „Mietendeckel“ die Inflationsrate spürbar dämpfen würde. Das wird aber nicht passieren. Nach Einschätzung des Wirtschaftsforschungsinstituts, das den „Mietendeckel“ für eine tolle Sache hält, wird dieser die Teuerungsrate nur um ein oder zwei Zehntelprozentpunkte drücken können. Also um fast nichts. Ausgerechnet dafür riskiert die ÖVP ihren Ruf als Wirtschaftspartei, indem sie ihren Wählern ein unmissverständliches Signal aussendet: Wir reden zwar gern vom privaten Eigentum, stemmen uns bei jeder Gelegenheit gegen staatliche Eingriffe und halten die Marktwirtschaft für die beste Wirtschaftsordnung. Aber wenn der Druck der Opposition groß genug ist, werfen wir alle Grundsätze über Bord. Frei nach Groucho Marx: „Wir haben eiserne Prinzipien, aber wenn Ihnen die nicht gefallen, haben wir auch andere!“
Noch ist nicht abzusehen, ob wir es hier mit einem ordnungspolitischen Dammbruch zu tun haben. Einiges spricht dafür. So hat Bundeskanzler Karl Nehammer angedeutet, sich auch Eingriffen in freie Mietverträge nicht verschließen und damit staatliche Sozialpolitik auf dem Rücken aller privaten Eigen- tümer betreiben zu wollen. Dafür braucht die ÖVP zwar eine Verfassungsmehrheit, die aber mit den Stimmen von SPÖ und/ oder FPÖ reine Formsache wäre.
Es wird spannend zu sehen, wie die Partei in künftigen Parlamentsdebatten gegen die staatliche Preisfestsetzung von Lebensmitteln, Treibstoffen und letzten Endes auch der Zinsen auftreten will, wenn sie dasselbe Instrument bei Wohnungen für richtig erachtet. Wer aber soll der ÖVP in Zukunft noch glauben, wenn sie sich als letztes Bollwerk gegen die Erbschafts- und Vermögensteuer inszeniert? Man muss kein staatlich geprüfter Meinungsforscher sein, um zu erkennen, dass die ÖVP mit sozialdemokratischer Politik keine Wählerstimmen gewinnen, dafür sehr viele verlieren wird.
Statt der SPÖ und ihrem neomarxistischen Vorsitzenden Andreas Basler nachzuhelfen, wäre es für eine bürgerliche (Wirtschafts-)Partei vielleicht auch eine Option gewesen, gezielt jene Menschen finanziell großzügig zu unterstützen, die sich die steigenden Mieten nicht mehr leisten können. Treffsichere Zuwendungen aus der Wohnbeihilfe oder dem Heizkostenzuschuss wären der bessere Weg gewesen.
Zudem könnte eine bürgerliche (Wirtschafts-)Partei auch den staatlichen Ausgabenrausch endlich beenden und damit den größten hausgemachten Inflationstreiber unter Kontrolle bringen. Aber wir leben nun einmal in Österreich. Einem Land, in dem nicht Schwarz-Grün regiert. Sondern der nackte Populismus.
Kolumne von Franz Schellhorn für die “Presse” (19.08.2023)
Weil der Staat umfassend in die Mietpreise eingreift, ist der Mieteranteil in Österreich im internationalen Vergleich sehr hoch.
Die Grafik zeigt, dass auch die Besserverdienerhaushalte in der oberen Hälfte der Einkommensverteilung kräftige Förderungen erhalten. Auch ihre Wohnungen wären am freien Markt erheblich teurer.
In Österreich fallen die allermeisten Wohnungen unter eine der oben genannten Regulierungsmöglichkeiten. Nach unserer Schätzung – zu Daten und Methode kommen wir noch – sind in Österreich nur rund 19 Prozent der Mietwohnungen am freien Markt vermietet; in Wien sind es sogar nur 11 Prozent.
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Überfüllte Arztpraxen, nicht belegte Spitalsbetten, im Stich gelassene Schulkinder: Der Staat verrechnet immer höhere Preise für ein schlechter werdendes Angebot.
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Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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