Zehntausende offene Stellen können nicht besetzt werden. Die Alterung der Gesellschaft wird das Problem noch verschärfen.
Die Sommerferien sind da. Ganz Österreich ist auf dem Weg in den ersehnten Urlaub, um Kriegsangst, Corona, der Stromrechnung und der Aussicht auf einen kalten Winter wenigstens für ein paar Tage zu entfliehen. Auch die heimische Tourismusbranche ist guter Dinge und hofft auf die erste störungsfreie Sommersaison seit drei Jahren. Doch in die Vorfreude mischen sich Sorgen: Zwar sind die Gäste zurück, es fehlt aber an Arbeitskräften, um sie zu bewirten. Neun von zehn österreichischen Tourismusbetrieben geben derzeit an, dass sie noch Stellen zu besetzen haben.
Arbeitskräftemangel ist inzwischen in fast allen Branchen ein massives Problem. Mehr als 140.000 offene Stellen gab es Ende Juni; deutlich mehr als im langjährigen Durchschnitt. Jedes dritte Dienstleistungsunternehmen und jeder fünfte Industriebetrieb in Österreich finden derzeit nicht genügend Personal. Haben sich die Beschäftigten etwa nicht nur in den Urlaub, sondern gleich ganz aus dem Arbeitsmarkt verabschiedet?
Der derzeitige Arbeitskräftemangel mag zwar auch krisenbedingte Ursachen haben. Doch das große Problem dahinter ist der demografische Wandel. Das alte Europa wird immer älter – eine Reaktion auf den im letzten Jahrhundert erreichten Wohlstand und die Ausgestaltung der sozialen Sicherungssysteme. Österreich macht dabei keine Ausnahme: Die Bevölkerung wächst laut Prognosen zwar immer noch. Doch es sind vor allem die älteren Jahrgänge, die immer stärker werden. Die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter zwischen 20 und 64 Jahren wird dagegen bis 2050 um etwas mehr als vier Prozent zurückgehen. Das klingt nach wenig, wird aber den Arbeitskräftemangel noch verschärfen. Zudem gibt es starke regionale Unterschiede. Nur in den Großstädten und im Wiener Umland wird die Erwerbsbevölkerung noch wachsen. Praktisch überall sonst wird sie schrumpfen; in der Steiermark, in Kärnten und im Burgenland sogar um über zehn Prozent.
Natürlich können Prognosen falsch sein. Doch die Berechnungen der Demografen sind in der Regel ernst zu nehmen. Der aktuelle Arbeitskräftemangel dürfte daher erst der Anfang sein.
Es wird also darauf ankommen, die verbleibenden Arbeitskräfte in Österreich bestmöglich zu aktivieren. Funktionierende Rezepte kennen wir aus anderen Ländern: Die Dänen erreichen durch ihre exzellent ausgebaute Kinderbetreuung eine hohe Erwerbsbeteiligung von Frauen. Die Niederländer halten die Älteren länger in Beschäftigung, indem sie Unternehmen Anreize bieten, in die Gesundheit ihres Personals zu investieren. Grundsätzlich muss auch die hohe Besteuerung des Faktors Arbeit überdacht werden; hier kann Schweden als Vorbild dienen. Ebenso beim Pensionsantrittsalter, das laufend an die steigende Lebenserwartung angepasst werden sollte, um die Menschen länger im Erwerbsleben zu halten.
Der demografische Wandel findet statt. Wenn wir uns nicht anpassen, werden bald nur noch wenige Menschen den Wohlstand für alle in Österreich verdienen müssen.
Gastkommentar von Jan Kluge, “Kleine Zeitung” (09.07.2022).
Österreich steckt in der längsten konjunkturellen Flaute seit den 1950er Jahren, die wirtschaftliche Schwächephase schlägt sich nun auch mit voller Wucht auf dem heimischen Arbeitsmarkt nieder:
Bei der Arbeitsmarktbeteiligung älterer Menschen gibt es in Österreich noch viel Luft nach oben. Zwar führte der Personalbedarf bereits in den vergangenen Jahren zu einer steigenden Beschäftigungsquote bei Älteren.
Auf Österreich kommen massive demografische Veränderungen zu. Bis zum Jahr 2050 wird die Zahl der Menschen über 65 Jahre um rund 50 Prozent steigen, während die Zahl der 20- bis 65-Jährigen deutlich abnimmt.
der Arbeitskräftemangel erfasst eine Branche nach der anderen. Unternehmen in ganz Österreich suchen händeringend nach Personal. Ganz Österreich? Nein, eine Stadt im Osten Österreichs widersetzt sich dem unbeugsamen Trend, wie eine Auswertung der Agenda Austria zeigt.
Seit der Finanzkrise stürzt die österreichische Wirtschaft von einer Malaise in die nächste. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf entwickelt sich im Schnitt schwächer als zuvor. Corona hat die Situation noch verschlimmert. In den USA wuchs das BIP pro Kopf nach beiden Krisen unbeeindruckt weiter, wie eine Auswertung der Agenda Austria zeigt.
In Österreich seien immer mehr Menschen von Armut betroffen, wie in letzter Zeit immer öfter zu hören ist. Wie eine Auswertung der Agenda Austria zeigt, lässt sich dieser Befund mit offiziellen Statistiken nicht erhärten.
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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