Der Staat hat in den Casinos nichts verloren
- 26.11.2019
- Lesezeit ca. 3 min
So gut wie ganz Westeuropa kriegt es mittlerweile hin, nur Österreich nicht: fähige und gleichermaßen „verlässliche“ Personen mit der Führung staatlicher Unternehmen zu betrauen. Oder haben Sie schon einmal davon gehört, dass es ein schwedischer Bezirkspolitiker ohne die nötige Qualifikation in den Vorstand eines Staatsunternehmens geschafft hat? Oder ein deutscher Kreispolitiker? Eben. Das gibt es nur in Österreich.
Einfluss der Politik auf öffentliche Unternehmen gibt es überall. Das ist auch gut so, denn der Eigentümer kann und soll sich seiner Verantwortung auch nicht entziehen. Ziemlich österreichisch ist es, wie aktuell immer öfter zu hören ist, dass der Fall Casinos Austria eigentlich gar kein „Fall“ sei. Schließlich sei das schon immer so gelaufen. Stimmt, macht die Sache aber nicht wirklich besser. Zumal das Problem ja nicht erst mit einem angeblichen Gesetzes-Deal entsteht, der mit der Postenbesetzung in Zusammenhang stehen soll.
Das Missverständnis beginnt viel früher: und zwar im Glauben, dass Politiker die Interessen der Parteien in den staatlichen Unternehmen zu vertreten hätten. Das haben sie aber nicht, sie haben sicherzustellen, dass die Interessen des Eigentümers vertreten werden – und das ist immer derselbe: die Republik Österreich, unabhängig vom Wahlausgang.
Erfreulicherweise gibt es für das Problem politischer Einflussnahme in die Vorstandsbestellung von Staatsbetrieben eine gleichermaßen einfache wie sichere Lösung: Die Rede ist nicht von der Einsetzung eines parlamentarischen U-Ausschusses, den alle Parteien wollen. Sondern von der kompletten Privatisierung des betroffenen Unternehmens.
Zumal ja niemand schlüssig erklären kann, warum der Staat ausgerechnet an Spielcasinos beteiligt sein soll. Gehört es etwa zur Daseinsvorsorge, an einem teilstaatlichen Spieltisch sein großes Glück zu versuchen?
Gegner eines vollständigen Rückzugs des Staates führen gerne die Eindämmung der Spielsucht ins Treffen. Diese sei nur dann unter Kontrolle zu bringen, wenn in staatlichen Casinos gezockt wird. Eine ziemlich steile Argumentationslinie, der zufolge nur der Rückkauf der Austria Tabak durch den Staat einen wirksamen Schutz gegen die Nikotinsucht bieten kann. Vielleicht sollte sich die öffentliche Hand auch gleich an der einen oder anderen Schnapsfabrik beteiligen, schließlich wird nur in drei Ländern der Welt mehr gesoffen als hierzulande.
Das ist lächerlich, der Staat hat in den Casinos nichts verloren. Als Eigentümer hat er ein vitales Interesse am florierenden Geschäft an den Spieltischen, als Regulator ist das genaue Gegenteil der Fall. Dieser Zielkonflikt ist rasch aufzulösen – und das geht nur über einen vollständigen Rückzug der öffentlichen Hand.
Kommentar von Franz Schellhorn in der „Kleinen Zeitung“ (24.11.2019).
Mehr interessante Themen
Wenig Anreize für mehr Arbeit
Österreich ist eine Teilzeit-Republik. Das ist in Zeiten des Arbeitskräftemangels ein großes Problem. Und es wird vom Steuersystem indirekt gefördert, denn Mehrarbeit zahlt sich einfach nicht aus. Wer rechnen kann, stockt daher die Arbeitsstunden nicht auf. In kaum einem anderen Land bestraft das System Vollzeitarbeit so sehr, wie in Österreic
Österreich profitiert von der EU-Mitgliedschaft
Österreich hat massiv vom EU-Beitritt profitiert und tut das auch weiterhin. Man vergisst das häufig, weil die Alternative – nämlich ein Österreich im Jahr 2024 außerhalb der EU – nicht erlebbar ist.
Kein EU-Land wächst schwächer als Österreich
Vor wenigen Tage aktualisierte die Europäische Kommission ihre Wirtschaftsprognose. Das Ergebnis für Österreich ist pure Ernüchterung. Die letzten Jahre waren sicher nicht leicht. Zuerst kam die Pandemie mit ihren Lieferkettenproblemen; direkt danach eine Energiekrise, die stracks zum Inflationsmotor mutierte. Aber damit ist Österreich nicht a
Der Westen sucht, was der Osten hat
der Arbeitskräftemangel erfasst eine Branche nach der anderen. Unternehmen in ganz Österreich suchen händeringend nach Personal. Ganz Österreich? Nein, eine Stadt im Osten Österreichs widersetzt sich dem unbeugsamen Trend, wie eine Auswertung der Agenda Austria zeigt.
Hohe Kosten, niedrige Löhne
Öffentliche Debatten gibt es in Österreich mehr als genug. Aber über die explodierenden Arbeitskosten scheint trotzdem niemand reden zu wollen. Dabei steuert das Land genau hier auf ein gewaltiges Standortproblem zu, wie eine Auswertung der Agenda Austria zeigt.
Trotz Steuerreform ein Hochsteuerland
Der Eingangssteuersatz der Lohn- und Einkommensteuer wurde rückwirkend für das Gesamtjahr von 25 auf 20 Prozent gesenkt. Trotz dieser Senkung bleibt die Belastung des Faktors Arbeit aber fast unverändert hoch. Nur in drei europäischen Ländern ist sie höher als in Österreich.