Die heimische Bundesregierung fährt das staatliche Pensionssystem sehenden Auges gegen die Wand. Dabei zeigen andere Länder, wie verantwortungsvolle Politik funktioniert.
Könnte man sich aussuchen, in welchem Land man in Pension geht, würde die Wahl der Weltbevölkerung mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit auf Österreich fallen: Hierzulande werden sehr hohe Pensionen gezahlt und das über besonders viele Jahre. In kaum einem anderen Teil der Welt verabschiedet sich die arbeitende Bevölkerung so jung in den Ruhestand wie in Österreich. Die flächendeckende Frühpensionierung fitter Arbeitnehmer gehört zu Österreich wie die Mozartkugel zu Salzburg, wobei diese rotweißrote Tradition keinem Naturgesetz folgt, sondern dem politischen Willen der Regierungsparteien. Ohne die Stimmen der Pensionisten lassen sich keine Wahlen gewinnen, dementsprechend wird die Gruppe der Über-65-Jährigen hofiert. Das lässt sich allein daran ablesen, dass die Einkommen der Rentner in den vergangenen zwei Jahrzehnten schneller gestiegen sind als jene der Gesamtbevölkerung. Die Politik hat die Renten jeweils deutlich über der Inflationsrate angehoben. Nächstes Jahr kommen weitere zehn Prozent Erhöhung dazu, was zahlreichen Experten zu weit, Pensionistenvertretern hingegen nicht weit genug geht.
So sehr die Älteren eine Sicherung ihrer Kaufkraft verdient haben, so unübersehbar ist das grundsätzliche Problem: Die Politik steckt den Pensionisten seit Jahren in Gutsherrenart Geld zu, das nicht vorhanden ist und verweigert gleichzeitig jede Debatte über einen späteren Pensionsantritt. Dabei kennen alle auf der Regierungsbank die relevanten Daten: Frauen und Männer gehen so früh in Pension wie ihre Vorgänger in den 1970er-Jahren, obwohl die Lebenserwartung seither um sieben Jahre gestiegen ist. Frauen zahlen knapp 30 Jahre in das Pensionssystem ein und verbringen 26 Jahre als Rentnerinnen. Auch die Männer verabschieden sich zu früh aus dem Berufsleben, zahlen aber immerhin 38 Jahre ein, um 20 Jahre lang ihren „Ruhestand“ zu genießen.
Die politisch gewollte Frühverrentung bringt zwar jede Menge Wählerstimmen, verschlingt mittlerweile aber astronomische Summen: Allein heuer müssen 26 Milliarden Euro aus Steuermitteln zugeschossen werden, um das Defizit im staatlichen Pensionssystem abzudecken. Das ist ein Viertel des gesamten Bundesbudgets. Die Bundesregierung versenkt damit fast die gesamten Lohnsteuereinnahmen jedes Jahres im Pensionsloch. Warum sich Finanzminister Magnus Brunner dagegen nicht stärker zu Wehr setzt? Man weiß es nicht. Wie es anders geht, zeigt Schweden. Während das Defizit im staatlichen Pensionssystem dort bei knapp zwei Prozent der Wirtschaftsleistung liegt, sind es hierzulande fast sechs Prozent. Den Unterschied möchte man Klavierspielen können. Was die Schweden anders machen? 77 Prozent der zehn 55- bis 64-Jährigen arbeiten noch, in Österreich sind es nur 55 Prozent.
Noch lässt sich das Defizit im österreichischen Pensionssystem auf Pump finanzieren. Aber wie lange noch? Dem staatlichen Pensionssystem kommen im Zuge der demografischen Entwicklung immer mehr Einzahler abhanden: Bis zum Jahr 2050 wird die Zahl der Rentner um gut eine Million steigen, jene der Erwerbstätigen um 300.000 sinken. Wird nicht gegengesteuert, werden zu diesem Zeitpunkt auf einen Pensionisten gerade noch 1,3 Erwerbstätige kommen. Die Frage, wie sie es schaffen sollen, die eigenen Lebenskosten zu finanzieren und die erdrückenden Pensionslasten zu schultern, scheint auf der Regierungsbank niemandem den Schlaf zu rauben.
Andernfalls wäre das Pensionsantrittsalter wie in fast allen modernen Volkswirtschaften an die Lebenserwartung angepasst worden. Wir aber halten eisern an jenem Antrittsalter fest, das 1906 festgelegt wurde. In einer Zeit, in der nur jeder Zehnte den Pensionsantritt erlebte. Mit etwas mehr Problembewusstsein hätte die Regierung allen noch arbeitswilligen Älteren längst ein lukratives Angebot vorgelegt: Wer das gesetzliche Pensionsalter erreicht und weiterarbeiten will, zahlt keine Pensionsbeiträge mehr und wird mit einer Flat-Tax von sagen wir zehn Prozent besteuert. Aber so etwas wird in Österreich nicht einmal diskutiert. Das Pensionsproblem wird nicht adressiert, sondern administriert. Wer also in Rente gehen will, sollte das weiterhin in Österreich tun – und darauf hoffen, dass sich noch irgendjemand findet, der die Pensionen auch erwirtschaftet.
Kolumne von Franz Schellhorn für “Die Presse” (05.08.2023).
Die Wohnkostenbelastung der österreichischen Haushalte ist im europäischen Vergleich moderat und auch über die Zeit sehr konstant. Im Jahr 2022 wurden im Schnitt 18,7 Prozent der verfügbaren Einkommen für das Wohnen ausgegeben. Es gibt jedoch große Unterschiede zwischen Stadt und Land. Während 13 Prozent der Haushalte im urbanen Raum im Jahr
Die Länder und Gemeinden brauchen mehr Geld. Schön für sie, dass der Bund sich darum kümmern wird und die Steuern eintreibt. Ein Anreiz zum Sparen ist das leider nicht.
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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