Die Bürger dieses Landes gehen viel zu früh in Pension
- 20.01.2020
- Lesezeit ca. 2 min
Auf Österreichs Junge warten spannende Zeiten. Niemand weiß heute, welche Ausbildung für die digitalisierte Welt von morgen benötigt wird. Weil sich niemand für Jobs ausbilden lassen kann, von denen wir noch nicht einmal wissen, dass es sie geben wird.
Klar aber ist, dass die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter in den nächsten 30 Jahren um rund 200.000 sinken und jene der Über-65-Jährigen um über eine Million (!) ansteigen wird.
Nun muss man nicht der Chef der heimischen Pensionssicherungskommission sein, um zu sehen, dass die Jungen vor einer Mammutaufgabe stehen. Selbst wenn künftig ein ähnlich hoher Anteil an Menschen erwerbstätig ist wie heute, werden in drei Jahrzehnten 1,29 Aktive für einen Pensionisten aufkommen müssen.
Was wir auch wissen, ist, dass es die Aktiven schon heute nicht schaffen, mit ihren hohen Einzahlungen die Pensionen der Älteren zu finanzieren. Ein Fünftel des jährlichen Bundesbudgets muss allein dafür ausgegeben werden, um das klaffende Pensionsloch zu stopfen. Gemeint ist die Differenz zwischen den Einzahlungen der Aktiven und die Auszahlungen an die Pensionisten. Der Grund: Die Bürger dieses Landes gehen viel zu früh in Pension.
Die Politik weiß das. Ungeachtet dessen wurde unmittelbar vor den Wahlen auf Initiative von SPÖ und FPÖ beschlossen, den Zugang zur Frühpension wieder zu erleichtern. Wer 45 Jahre eingezahlt hat, kann seit 1. Jänner wieder ohne finanzielle Einbußen in Pension gehen. Das konnte man zwar auch schon vorher, allerdings mit 4,2 Prozent hohen Abschlägen pro Jahr.
Viele ältere Bürger halten die Neuregelung für fair, schließlich hätten sie lang genug eingezahlt, wie immer wieder zu hören ist. Hier gibt es ein großes Missverständnis: Im Schnitt zahlen die Bürger hierzulande 31,5 Jahre ein und sind dann 23 Jahre in Pension. Zudem zahlt niemand für seine eigene Pension ein, sondern für die Pension der Älteren. Und wenn wir erfreulicherweise immer älter werden, müssen wir eben länger und nicht kürzer einzahlen. Wenn „Hackler“ schon nach 45 Jahren in Pension gehen dürfen, dann nur mit Abschlägen, sie bekommen ja auch eine höhere Pension.
Gerade die angehenden Pensionisten müssten geschlossen für längeres Arbeiten plädieren. Weil sie selbst das allergrößte Interesse daran haben sollten, den Jungen ein finanzierbares Pensionssystem zu hinterlassen. Sie werden schließlich nicht jeden Monat zittern wollen, ob die Pension auch tatsächlich kommt oder nicht. Ein höheres Pensionsantrittsalter ist also nicht nur im Sinne der Jungen, sondern vor allem der Alten. Denn auch auf sie warten spannende Zeiten.
Gastkommentar von Franz Schellhorn in der „Kleinen Zeitung“ (19.01.2020)
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