Hedgefonds-Legende Ray Dalio warnt vor einem Bitcoin-Verbot. Das ist verständlich. Aber ist es auch realistisch?
Was Ray Dalio zu einem möglichen Bitcoin-Verbot sagt, sollte man sich anhören. Der Mann hat mit Bridgewater den größten Hedgefonds der Welt aufgebaut. Er hat mehrere Bücher und unzählige Aufsätze über die Geschichte von Märkten, Blasen, Währungen und Geldpolitik geschrieben. Kurz: Er weiß, wovon er spricht. Oder?
Dalio hat schon mehrfach durchscheinen lassen, dass er sich mit Bitcoin zumindest grundsätzlich beschäftigt hat. Er sieht die Innovation, die die Technologie bringt. Ein nichtstaatlicher, dezentraler Wertspeicher. „Digitales Gold“ wenn man so will. Daher kommt auch Dalios ultimativer Schluss: Die Staaten werden Bitcoin verbieten, sagt er. Weil sie Konkurrenz nicht schätzen. Er vergleicht die Situation mit dem Goldverbot der 1930er-Jahre in den USA.
Nun gibt es zwei Möglichkeiten.
A) Dalio tut, was Hedgefondsmanager gerne tun: Er nutzt seinen medialen Einfluss, um den Preis von Bitcoin zu drücken, während er einkauft. Diese Möglichkeit darf man nicht ausschließen. Immerhin hat er erst vor wenigen Wochen gesagt, dass Bridgewater sich Bitcoin sehr genau ansieht – und auch einen Fonds mit Bitcoin-Beteiligung auflegen könnte. Dalios grundlegendes Szenario für die nächsten Dekaden liest sich in großen Teilen wie ein Bitcoin-Buch. Er erwartet eine fortgesetzte Abwertung der staatlichen Währungen durch extrem lockere Geldpolitik und eine steigende Nachfrage nach „goldähnlichen Assets“ von Investoren, die sich vor dieser der Politik der Notenbanken schützen wollen.
B) Dalio glaubt wirklich an massiven Widerstand seitens des Staats – bis hin zu einem kompletten Bitcoin-Verbot in den USA. Das ist fraglos ein äußerst problematisches Szenario für Bitcoin. Amerika hat die größten und wichtigsten Finanzmärkte, es ist schon heute Heimat für einige der wichtigsten Bitcoin-Unternehmen (Coinbase, Gemini, Kraken, Tesla). Ein Verbot hätte massive Auswirkungen.
Dalio vergleicht die Situation mit Gold in den 1930er-Jahren. Dieser Vergleich hinkt aus mehreren Gründen. Die USA operierten damals unter einem Goldstandard. Die Landeswährung war an Gold gebunden. Der private Goldbesitz wurde verboten, damit der Staat das Gold einsammeln konnte, um sich im internationalen Spiel der Kräfte besser zu stellen. Nun ist Gold – wie Bitcoin – in der Menge begrenzt und ein Geld, das keine Nation kennt. So gesehen sind beide vergleichbar. Aber die USA operieren heute nicht auf einem Bitcoin-Standard. Es gibt keinen Grund, Bitcoin „einzusammeln“.
Jüngstes Beispiel: Nigeria. Das afrikanische Land ist der zweitgrößte Bitcoin-Markt weltweit – nach den USA. Die digitale Wirtschaft und Bitcoin bieten gewaltige Chancen, das Wachstum ist in diesen Bereichen enorm. Kein Wunder: Die Landeswährung wertet seit Jahren ab, Bitcoin wertet auf. Auch für Zahlungen der afrikanischen Diaspora zurück in die Heimat bieten Kryptowährungen eine sehr attraktive Alternative. In Relation zur Bevölkerung hat Nigeria heute die höchste Bitcoin-Nutzungsrate weltweit. Ein Drittel aller Nigerianer nutzt heute Bitcoin und das Verbot hat die Beliebtheit von Bitcoin in der Bevölkerung nur angeheizt – nicht gedämpft.
Das Bitcoin-Verbot in Nigeria ist gescheitert. Nach wenigen Wochen rudert die Notenbank zurück und stellt klar: Banken dürfen weiterhin keine Bitcoin-Services anbieten – der breiten Bevölkerung ist die Nutzung aber sehr wohl erlaubt. „Die Zentralbank Nigerias hat keine Einschränkungen für die Nutzung und den Handel mit Kryptowährungen erlassen und wir wollen die Menschen nicht davon abhalten, damit zu handeln“, hieß es aus der Notenbank: „Was wir getan haben, ist den Banken zu verbieten, Transaktionen mit Kryptowährungen durchzuführen.“
Heißt: Es gibt kein Verbot für Kryptowährungen oder Bitcoin in Nigeria, denn wenn Bitcoin etwas nicht braucht, dann sind es Banken. Die Kontroverse, hinter der auch innenpolitische Gründe zu vermuten sind, wird aber weitergehen. Im Grunde befindet sich Nigeria in einer ähnlichen Zwickmühle wie die USA: Verbietet man Bitcoin, würgt man die Innovation im Fintechsektor ab – und der wird für beide Staaten immer wichtiger. Verbietet man es nicht, muss man sich auf die neue Realität einstellen, die Bitcoin bringt. Namentlich: Eine Art „Schweizer Bankkonto“ für jedermann, weltweit. Das hat für die Nutzer, die sich vor staatlicher Ausbeutung, Abwertung und Kontrolle schützen wollen, große Vorteile. Aus staatlicher Sicht ist es aber, gelinde gesagt, eine gewaltige Herausforderung.
Mehr dazu in Teil 2.
Disclaimer: Dieser Text sowie die Hinweise und Informationen stellen keine Steuerberatung, Anlageberatung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Sie dienen lediglich der persönlichen Information und geben ausschließlich die Meinung des Autors wieder. Es wird keine Empfehlung für eine bestimmte Anlagestrategie abgegeben. Die Inhalte von derbrutkasten.com richten sich ausschließlich an natürliche Personen.
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