Bitcoin geht durch die Decke. Die Kryptowährung braucht keine Zentralbank, keine Regierung und ist viel schneller als jede Überweisung. Bitcoin gehört die Zukunft – insofern nicht der Staat einschreitet.
Am Anfang der Bitcoin-Story steht ein Mysterium. Es gibt zwar einen Protagonisten, aber wir wissen nicht, wie er aussieht. Wir wissen nicht, wo er wohnt, wie er heißt, ob er Mann oder Frau ist – oder ob eine Gruppe, eine Firma oder gar ein Geheimdienst hinter ihm steht. Alles, was wir haben, ist ein Pseudonym: Satoshi Nakamoto. Und ein Datum: Freitag, der 31. Oktober 2008.
Um exakt 20:10 Uhr Mitteleuropäischer Zeit schickte Nakamoto damals ein kurzes Mail an eine Gruppe von Menschen, die sich für Kryptografie interessierten: „Ich habe an einem neuen elektronischen Cash-System gearbeitet, das komplett peer-to-peer ist, ohne dritte Partei, der man vertrauen muss.“ Die Mail enthielt einen Link zu einem neunseitigen PDF. Das sogenannte Whitepaper. Bitcoin war geboren. Das Geldprotokoll des Internets.
Heute ist die so genannte Kryptowährung weltbekannt. Ihre Marktkapitalisierung, also der Gesamtwert aller vorhandenen Bitcoins, betrug zeitweise mehr als 1000 Milliarden Dollar. Ein Bitcoin war im April 2021 mehr als 50.000 Dollar wert. Von Hedgefonds bis zu Fondsgesellschaften, von Tesla-Chef Elon Musk bis zu Twitter-Gründer Jack Dorsey, von Bloomberg News bis zu CNBC: Alle reden von Bitcoin, streiten über Bitcoin, kaufen oder verdammen Bitcoin.
Ein Geld, das ausschließlich im digitalen Raum existiert, das man nicht angreifen und somit auch nicht konfiszieren kann: Dahinter steht ein System, das auf maximale Sicherheit ausgelegt ist. Ein wachsendes Netzwerk aus Computern und Menschen, das jeden Tag stärker und widerstandsfähiger wird.
Bitcoin wurde in der Pandemie zum Fluchtpunkt vor einer Welt, in der die Regierungen Bürgerrechte anscheinend nach Belieben beschneiden und Notenbanken dasselbe mit dem Wert der Währungen tun: Mehr als 30 Prozent aller je geschaffenen US-Dollar wurde im Jahr 2020 gedruckt. Der bekannte Hedgefonds-Manager Paul Tudor Jones nennt es deshalb die „große monetäre Inflation“. Er hat Bitcoin gekauft.
Wer Bitcoin verstehen will, hat keine Wahl. Er oder sie muss Bitcoin nutzen. Dieses Ding in Worte zu fassen ist fast so unmöglich, wie es in der Hand zu halten. Manche sagen digitales Gold dazu. Das stimmt auch. Irgendwie. Aber gleichzeitig auch nicht. Bitcoin digitales Gold zu nennen ist wie das Internet als digitalen Teletext zu beschreiben.
Aber Moment. Ist unser Geld nicht längst digital? Ja. Aber Geld, das wir heute am Konto haben, hat mehrere Nachteile gegenüber Bitcoin: Man muss sich darauf verlassen, dass Banken und Zentralbanken ihre Bücher in Ordnung halten. Man muss warten, bis eine Überweisung durch ist. Manchmal Tage, wenn ein Wochenende oder eine Grenze dazwischen liegt. Nakamoto hat all das obsolet gemacht.
Die zentrale Innovation von Bitcoin ist die Schaffung digitaler Knappheit. Bitcoin braucht keine Zentralbank, keine Regierung, keine Bürokraten, keine Ökonomen, keine Privatjets und Pensionsrückstellungen für die Chefetage. Und vor allem: keine Erlaubnis. Bitcoin ist nicht zensierbar. Kein Staat und kein Gericht können das Netzwerk aufhalten, niemand kann eingreifen, das wäre zu aufwendig und zu teuer.
Das Bitcoin-Netz läuft seit zwölf Jahren ohne einen Tag Pause und ohne Probleme. Es ist der erste globale Markt, der nie schließt und für jedermann zugänglich ist. Weil die Anzahl der Bitcoin durch den Code extrem begrenzt ist, hat ein Wettlauf um diesen digitalen Rohstoff begonnen, der durch die gewaltigen Kursschwünge angeheizt wird.
Im Gegenzug verlangt Bitcoin seinen Nutzern aber einiges ab. Ohne Zentralbank herrscht Eigenverantwortung. Ein Zustand, der vielen in den gut ausgebauten Sozialstaaten Mitteleuropas völlig fremd ist. Kontrolliere ich meinen Zugangsschlüssel, bin ich Besitzer meiner Bitcoins. Wer seinen Schlüssel verliert oder vergisst, ist sein Geld los. Es gibt keine Einlagensicherung, keine staatliche Rettung (Bailout).
Nakamoto hat Bitcoin so gestaltet, dass niemals mehr als 21 Millionen Stück existieren werden. Neue Bitcoins werden von den so genannten „Minern“ freigeschaltet, die Transaktionen abwickeln und mit ihren Rechnern das Bitcoin-System am Laufen halten. Ihre Belohnung sind frische Bitcoins, daher der sprachliche Bezug auf Goldminen. Die „Miner“ schürfen sozusagen nach Bitcoins.
Seit Richard Nixon im August 1971 die Bindung des Dollars ans Gold gekappt hat, leben wir in einer Welt der permanenten Inflation. Geldmenge und Schuldenstände sind explodiert und sehen mittlerweile aus wie die Hockeystick-Grafik der Klimaforscher.
Auf jede Krise reagieren die Zentralbanken mit einer Geldflut. Es wird immer teurer, Wachstum zu kaufen. Notenbanken können Geld aus dem Nichts schaffen. Und eine wachsende Zahl an Ökonomen drängt sie dazu. Es sei der einzige Weg. Aber wie lange können wir den noch gehen?
Das Sparbuch ist am Ende. Das „smart money“ hat schon 2008 verstanden, dass Notenbanken die Märkte raufdrucken. 2020 ist dann auch die Masse eingestiegen. Wie immer in Zeiten von Geldentwertung wird Spekulation zum Volkssport. Aber Bitcoin ist neu. Das digitale Gold, das man günstig lagern und online verschicken kann, bietet sich als neuer Wertspeicher an.
Die Implikationen sind atemberaubend. In Edelmetallen, Aktien, Immobilien, Oldtimern und Kunst stecken Billionen, die dort nur gespeichert sind. Das berühmteste Beispiel sind leer stehende Wohnungen in Metropolen wie London. Während junge Familien nach Wohnraum suchen, verstauben Apartments, die Ölscheichs oder Oligarchen als Wertanlage gekauft haben. Das sorgt für soziale Spannungen. Bitcoin könnte hier helfen, indem es Kapital abzieht. Nicht alles auf einmal, aber Schritt für Schritt.
Die Jahrzehnte der Inflation haben die Schere zwischen Arm und Reich extrem aufgehen lassen. Denn frisches Geld wird von Zentralbanken und Staaten immer zuerst an wenige Privilegierte vergeben. Sie erhalten es bevor die Preise steigen – und gewinnen so relativ zur Masse. Zudem halten Reiche meist Vermögenswerte, die relativ zu Sparguthaben der Masse gewinnen.
Populisten rufen nach höheren Steuern, ohne sich je mit den Gründen für die Vermögensverteilung zu beschäftigen. Schlimmer noch: Dieselben Populisten fordern auch lockere Geldpolitik, was das Problem noch vergrößert. Bitcoin kann auch hier helfen. Schon alleine deswegen, weil jedermann Zugang hat. Man kann für 10 Millionen Euro Bitcoin kaufen. Oder für 10 Euro.
Aber der Erfolg von Bitcoin ist keinesfalls in Stein gemeißelt. Immer wieder kommt es zu Gegenmaßnahmen. Zu Regulierung und Verbots-Versuchen. China hat die Miner inzwischen aus dem Land geworfen. Der Energieverbrauch von Bitcoin ist zudem gewaltig. Fans sehen darin eine sinnvolle Verwendung von Strom, Gegner sprechen von Verschwendung.
Notenbanker und Politiker warnen auch immer wieder vor den negativen Seiten des offenen Marktes: Vor Steuerhinterziehern und Kriminellen. Vor Betrügereien. Vor Kursmanipulationen. Die Bitcoiner schmunzeln: Haben die Kutscher nicht auch vor dem Auto gewarnt?
Um die Ökonomie hinter Bitcoin zu verstehen, muss man zurück in die Donaumonarchie – zu Carl Menger und Ludwig von Mises, den Begründern der Österreichischen Schule der Nationalökonomie. Sie waren längst vergessen. Aber mit der Finanzkrise erlebten ihre Ideen ein Revival und mit Bitcoin einen Boom. In hunderten Podcasts unterhalten sich heute junge Menschen weltweit über die Lehren der „Austrians“, weil nur sie Bitcoin erklären können. Denn für Menger, Mises und dessen Schüler Friedrich August von Hayek kommt das Geld nicht vom Staat, sondern aus dem Markt.
1984 sagte Hayek: „Ich glaube nicht, dass wir je wieder gutes Geld haben, bis wir das Geld den Staaten wegnehmen. Aber wir können das nicht mit Gewalt tun. Alles was wir tun können, ist heimlich und über Umwege etwas einzuführen, das sie nicht stoppen können.“
Ist Bitcoin noch zu stoppen? Es wäre nicht das erste Mal, dass eine technologische Entwicklung den Status quo binnen kürzester Zeit umkrempelt. Aber wir haben bisher nie daran gedacht, dass das mit staatlichen Institutionen und unserem Geld geschehen könnte. Die Notenbanken sind nervös. Sie arbeiten fieberhaft an ihren eigenen Digitalwährungen.
Bleibt blanke staatliche Gewalt: Das Verbot. Auch hier sehen wir ein Rennen mit der Zeit. Bitcoin ist heute Liebling der Wall Street. Tesla ist investiert, PayPal bietet es an. In den USA hängen tausende Arbeitsplätze an Bitcoin. In Österreich, wo die Branche im Windschatten des Platzhirsches Bitpanda – einem großen Handelsplatz für das Digitalgeld – rasch wächst, sind es mehr als 500. Dazu kommt, dass rund um Kryptowährungen viel Innovation stattfindet. Wer Bitcoin verbietet, verschreckt Talente und Kapital.
Die verrückteste Idee: Bitcoin bleibt und verändert unsere Welt. Die Ökonomie-Lehrbücher müssten neu geschrieben werden. Schwer vorstellbar. Viele Fragen sind offen, viele Fallen bestehen, die Technologie ist jung und es treiben sich natürlich auch zwielichtige Gestalten herum. Aber ist es unmöglich, dass Bitcoin sich durchsetzt? Nein. Mit jedem Tag seines Bestehens wird es wahrscheinlicher.
Wir wissen nicht, wer Satoshi Nakamoto ist. Er stellte Bitcoin vor – auf den Tag genau 491 Jahre nachdem Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg genagelt hat. Der Augustinermönch wandte sich damals gegen die zentralistische Macht der katholischen Kirche. Ernst genommen wurde er lange nicht.
Gastkommentar von Nikolaus Jilch für die “Pragmaticus” (29.09.2021).
Die öffentliche Verwaltung soll digitalisiert werden. Das verspricht die Politik seit Jahren. Diverse Angebote gibt es bereits, doch der große Durchbruch wollte bisher nicht gelingen. Das liegt nicht nur an der Regierung. Auch die Bürger müssten, im eigenen Interesse, etwas mehr Bereitschaft zur Veränderung aufbringen.
Laut Eurostat verfügen zwar 91 Prozent der heimischen Haushalte über einen Breitbandanschluss – das ist immerhin europäisches Mittelfeld. Doch beim Global Speedtest fallen wir immer weiter zurück und sind inzwischen in den 60er-Rängen angekommen, noch hinter Russland.
Wichtigste Voraussetzung für eine funktionierende digitale Verwaltung ist Vertrauen. Die Esten vertrauten der Regierung ihre Daten an, weil sie in Echtzeit nachvollziehen konnten, was damit passierte. In Skandinavien verließen sich die Menschen früh auf die digitale Kommunikation mit den Behörden, weil sie ihrer Bank ja auch vertrauten.
Im EU-Vergleich sieht Österreich nicht unbedingt vorteilhaft aus. Rund fünf Prozent der Bürger haben im letzten Jahr Formulare nicht online abgegeben, weil ihnen die nötige elektronische Signatur fehlte; nur in Slowenien waren es mehr. Fast vier Prozent haben auf einen digitalen Behördengang verzichtet, weil sie vom Schutz ihrer Daten nicht ü
Dreh- und Angelpunkt von E-Government ist eine digitale Identität. In Österreich wäre das im Idealfall die ID-Austria. Haben Sie nicht? Dann gehören Sie zur übergroßen Mehrheit im Land.
Internationale Rankings weisen die öffentliche Verwaltung in Österreich meist als zumindest durchschnittlich aus. Der Abstand zum absoluten Spitzenfeld ist jedoch groß. Im wichtigen Digital Economy and Society Index (DESI) landete Österreich 2022 auf Platz 10.
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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