Verteilungskämpfe schaden allen
- 16.05.2024
- Lesezeit ca. 3 min
Österreichs Wirtschaft wächst auch 2024 kaum noch. Anhänger der Degrowth-Idee müssten sich darüber freuen. Aber selbst Kapitalismuskritiker wie Attac wissen, dass Umverteilung schwierig wird, wenn es nichts zu verteilen gibt. Deshalb schießen sich diverse NGOs derzeit auf den Klassenfeind ein – die Reichen. Saftige Vermögenssteuern sollen das Kapital für zusätzliche soziale Wohltaten liefern.
Attac will berechnet haben, dass eine gestaffelte Vermögenssteuer (ab einer Milliarde immerhin zehn Prozent jährlich) dem Staat pro Jahr 22 Mrd. Euro einbrächte. Da dürfte selbst Andreas Babler mit seinem Modell und Einnahmen von fünf Milliarden Euro neidisch dreinschauen. Nicht erwähnt wird, dass Österreich mit dieser Art von Vermögenssteuer in der entwickelten Welt allein dastünde. Nirgendwo sonst gibt es Abgaben in dieser Höhe. Die oft als Beispiel erwähnte Schweizer Steuer hat einen maximalen Satz von einem Prozent.
Neben dem Problem, dass Vermögensteuern das Wirtschaftswachstum mindern, kennt Kapital auch keine Grenzen. Heimische Unternehmer und Erben würden sich angesichts ihrer bevorstehenden Enteignung wohl schnellstmöglich aus dem Staub machen. Und mit ihnen Wohlstand, Arbeitsplätze und Steuereinnahmen.
Auch das Momentum-Institut sammelt fleißig Argumente für Vermögenssteuern – und ist dabei nicht minder kreativ. So will es ausgerechnet haben, dass Superreiche in Österreich weniger Steuern zahlen als Mittelschichtsfamilien – relativ zum jeweiligen Einkommen wohlgemerkt und nicht absolut, wie so manche Pressemeldung vermuten ließ. Red Bull-Erbe Mark Mateschitz müsse von seinem fiktiven Bruttoeinkommen nur 26 Prozent abführen, eine ganz normale Familie dagegen 42 Prozent, behauptet die Studie.
Klingt skandalös, nicht wahr? Kommt aber nur heraus, wenn man das Steuerrecht sehr großzügig auslegt, Steuern und Sozialversicherung durchmischt, die Körperschaftssteuer auf Dividenden weglässt oder Dinge zum Einkommen rechnet, über die man gar nicht verfügen kann. Seriös gerechnet zahlt Mateschitz zwischen 43 und 46 Prozent an Abgaben und damit mehr als die Mittelschichtfamilie. Egal, so genau muss man es ja nicht nehmen.
Attac, Momentum u.a. stören sich daran, dass die Reichen in den vergangenen Jahren immer reicher wurden. Das mag stimmen, trifft aber auch für den Rest der Gesellschaft zu. Niemand wurde ärmer, weil Mateschitz geerbt hat. Das von seinem Vater aufgebaute Unternehmen trägt, iim Gegenteil, zum Wohlstand der Volkswirtschaft und auch erheblich zum Staatshaushalt bei. Die entscheidende Frage ist: Wollen wir Wohlstand und Vermögen in die breite Bevölkerung tragen oder einfach nur Reichtum bestrafen? Verteilungskämpfe machen alle ärmer und helfen gerade jenen nicht, die Unterstützung am dringendsten bräuchten.
Gastkommentar von Hanno Lorenz im “Kurier” (16.05.2024).
Mehr interessante Themen
Wie schnell Absolventen ins Berufsleben einsteigen
Je nach Schultyp dauert der Einstieg in die Erwerbstätigkeit unterschiedlich lang, wie eine Auswertung der Agenda Austria zeigt. Absolventinnen einer Lehre beginnen im Schnitt nach sieben Tagen einen Job. „Das zeigt, dass die Lehre besser ist als ihr Ruf und Personen mit Lehrabschluss auf dem Arbeitsmarkt gefragter sind denn je“, sagt Agenda A
Von ganz links aus betrachtet ist die Welt ziemlich rechts
Der „Rechtsruck“ in der EU ist schwächer ausgefallen, als von vielen befürchtet. Kann es sein, dass die Politik viel stärker nach links rückte als das Volk nach rechts?
Österreichs Löhne ziehen auf und davon
Da sich die kollektivvertraglichen Lohnsteigerungen hierzulande an der durchschnittlichen Inflationsrate der letzten zwölf Monate orientieren, hat die hohe Teuerung auch hohe Lohnabschlüsse nach sich gezogen. Hinzu kommt, dass das in keinem europäischen Land so konsequent gehandhabt wird wie in Österreich. Demnach steigen die Tariflöhne in Ös
Verdienen sich Vermieter eine goldene Nase?
Viele Österreicher sehen in der Mietentwicklung der letzten Jahre eine reine Zumutung. Mit der Inflation wurden viele Mietverträge teurer. Für die meisten ist die Ursache der Missstände völlig klar: Nicht die lockere Geldpolitik, nicht die Regierung mit ihrer verfehlten Wohnbaupolitik sind die Schuldigen. Sondern die Gier der Miet-Haie, sie tr
„Wir arbeiten zu wenig“: Interview mit Franz Schellhorn
Wir arbeiten zu wenig, besteuern Leistung zu stark, sonst kostet es Wettbewerb und Wohlstand.
Die EU hat kein Google und kein Netflix, aber dafür hohe Steuern
Brüssel sei in der Hand mächtiger Wirtschaftslobbys, wird gern beklagt. Wenn das stimmt, machen sie einen herausragend schlechten Job.