Beschäftigung

Mindestlohn: Mehr Probleme als Lösungen

Eine neue Arbeit der Agenda Austria zeigt, dass ein Mindestlohn von 1.500 Euro brutto mindestens 20.000 Jobs kosten würde. Um die Armut zu bekämpfen, gibt es effizientere Mittel, und auch der Konsum würde sich praktisch nicht erhöhen.

Wer in Vollzeit arbeitet, soll mindestens 1.500 Euro brutto verdienen. Bis Ende Juni haben die Sozialpartner Zeit, einen Vorschlag zu erarbeiten, wie ein solcher flächendeckender Mindestlohn in den Kollektivverträgen für alle Branchen eingeführt werden kann. Wenn es die Kammern und der ÖGB nicht schaffen, will die Regierung selbst tätig werden und per Gesetz einen Mindestlohn einführen. So sieht es das kürzlich beschlossene Arbeitsprogramm der Regierung 2017/2018 vor.

Wie viele Menschen in Österreich dürften sich dann über einen höheren Lohn freuen? Und wie viele müssten wegen der höheren Kosten für die Unternehmer dann um ihren Job bangen? Solche Fragen beantworten Michael Christl, Monika Köppl-Turyna und Dénes Kucsera in dem aktuellen Policy Brief „Warum ein Mindestlohn mehr Probleme schafft als er löst“. Das Wichtigste in zwei Sätzen: „Ein Mindestlohn von 1.500 Euro brutto würde in Österreich mindestens 20.000 Jobs kosten. Deshalb ist er kein treffsicheres Mittel gegen Armut. Ob die Armut durch einen Mindestlohn sinkt oder wegen mehr Arbeitslosen gar steigt, ist völlig offen“, so der Ökonom Michael Christl. Um Armut zu verringern, seien etwa niedrigere Sozialabgaben ein geeigneteres Mittel.

Jobs für Jüngere in Gefahr

Die Autoren haben anhand eines Rechenmodells ermittelt, wie sich ein solcher Mindestlohn auf die Zahl der Jobs für junge, schlecht ausgebildete Arbeitskräfte auswirken würde – von ihnen beziehen ja besonders viele ein niedriges Gehalt. Weiters haben sie untersucht, in welchen Branchen Jobs verschwinden würden. Ergebnis: In der Branche “Herstellung von Waren” wären etwa 2.900 Jobs für Jüngere in Gefahr, im Handel etwa 1.050. In der Gastronomie würde dieser Mindestlohn wenig ändern. In einer vorangehenden Studie („Mindestlöhne: Gibt es Spielraum nach oben?“, in Kurz- und Langversion) haben die Autoren ja schon gezeigt, dass dort höhere Löhne möglich wären und daher eingeführt werden sollten.

Wenn nun aber ein junger, ungelernter Mitarbeiter im Handel mehr verdient, werden auch die Kollektivvertragsstufen für qualifiziertere Mitarbeiter steigen müssen – schließlich wird sich ein besser ausgebildeter Kollege nicht mit dem gleichen Gehalt zufrieden geben. Wird auch das berücksichtigt, ist damit zu rechnen, dass mindestens 20.000 Stellen wegen zu hoher Arbeitskosten gestrichen werden. Und diese Berechnung umfasst nur sieben Branchen – andere Niedriglohnbranchen wie Landwirtschaft oder Gesundheit und Sozialwesen wurden wegen fehlender Daten nicht berücksichtigt.

Steuernachlässe und Sozialleistungen bessere Mittel gegen Armut

Weil – die durch einen Mindestlohn steigende – Arbeitslosigkeit die wichtigste Ursache für Armut ist, würde diese auch mit 1.500 Euro brutto Mindestlohn am Ende kaum sinken oder möglicherweise gar steigen. Es ist offen, wie sich ein Mindestlohn auf die Armut auswirkt. Um sie zu senken, sind Steuernachlässe oder höhere direkte Sozialleistungen an die Betroffenen die eindeutig bessere Lösung als ein Mindestlohn.

Zuletzt noch kurz zum Argument, ein Mindestlohn würde den Konsum ankurbeln. Ein Mindestlohn von 1.500 Euro brutto bringt, wie die Berechnungen ergeben, höchstens 400 Millionen Euro an zusätzlichem Einkommen. Das sind gerade einmal 0,2 Prozent des Gesamtkonsums von 2016. Dass also viele Arbeitnehmer ihre Geldbörsen weit öffnen und den Konsum ankurbeln würden, ist damit wohl eher Hoffnung als Realität.

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