Beschäftigung

Studie: Jung, älter, arbeitslos?

Die Studie der Agenda Austria zeigt, wie Ältere länger in Beschäftigung gehalten werden können, ohne die Jungen in die Arbeitslosigkeit zu treiben.

Ältere Arbeitnehmer haben es in Österreich schwer, nach einer Pause oder einer Kündigung einen neuen Job zu finden. Darüber herrscht unter den verschiedenen Interessensgruppen und Parteien weitgehend Einigkeit. Umstritten ist, welche Ursachen dahinter stecken: Wie kann es sein, dass etwa 70 Prozent aller Schweden und etwa 60 Prozent der Deutschen zwischen 55 und 64 Jahren einen Job haben, während es in Österreich nur gut 40 sind?

Kurz vorab: Der Lohn richtet sich dort mehr nach der Leistung als nach dem Alter, die Frühpension ist finanziell unattraktiv und der Staat belohnt Arbeitgeber, die sich um gute Bedingungen für ihre Mitarbeiter kümmern. Wie unsere Ökonomen Michael Christl, Dénes Kucsera und Hanno Lorenz in der Studie „Jung, älter, arbeitslos?“ nachweisen, steigt durch eine höhere Beschäftigung Älterer die Arbeitslosigkeit bei den Jungen nicht. Die landläufige Meinung, wonach der länger arbeitende Opa dem Enkel den Job wegnimmt, ist eine Legende. Bester Beweis dafür ist nicht zuletzt Österreich.

Obwohl deutlich mehr Ältere arbeiten als noch Anfang der 2000er-Jahre, hat sich die Jugendarbeitslosigkeit in Österreich praktisch nicht verändert. Mehr noch: Detaillierte Untersuchungen mehrerer Länder mit einem ähnlichen Arbeitsmarkt wie Österreich zeigen in der Studie, dass hohe Beschäftigung bei den Älteren für mehr Kaufkraft und mehr Nachfrage sorgt – woraus auch mehr Jobs für Jüngere entstehen.

Um eine für alle Altersgruppen befriedigende Entwicklung am Arbeitsmarkt zu ermöglichen, müssen jene Fallen entschärft werden, die älteren Arbeitnehmern in Österreich gestellt werden. Dazu gehören die hohen Lohnkosten, die gegen Ende des Erwerbslebens auf ihren Höhepunkt zusteuern. Eine Entwicklung, die in anderen Ländern nicht zu beobachten ist, wie ein Vergleich der Löhne von 55- bis 59-Jährigen mit jenen der 25- bis 29-Jährigen zeigt. Im EU-Durchschnitt verdient jemand im Alter von 55 bis 59 Jahren um 35 Prozent mehr (brutto) als 25- bis 29-Jährige. In Österreich beträgt der Mehrverdienst aber 58 Prozent. (Die Niederlande gleichen den Lohnnachteil mit anderen Maßnahmen aus.)

In Deutschland und Schweden ist nicht nur der Unterschied zwischen den Gehältern von Jüngeren und Älteren geringer. Auch das Pensionssystem ist der Beschäftigung Älterer zuträglich, weil länger arbeiten finanziell attraktiv bzw. die Frühpension unattraktiv ist. In den Niederlanden wiederum gibt es ein Bündel an Maßnahmen: Zum Beispiel erhalten Arbeitnehmer zwischen 62 und 67 Jahren einen Steuerbonus. Und Branchen, in denen es viele Fälle an Invaliditätspensionen gibt, werden dafür stärker zur Kasse gebeten. Weswegen sie besonders auf gute Arbeitsbedingungen achten.

Empfehlungen für Österreich

Aus der Daten- und Faktenfülle der Studie lassen sich eine Reihe von Empfehlungen für Österreich ableiten: Was sollte geschehen, damit ältere Arbeitnehmer leichter in Beschäftigung bleiben können?

  • Wichtig ist eine Teilpension nach schwedischem Vorbild: In Teilzeit arbeiten und gleichzeitig einen Teil des eigenen Pensionsanspruchs zu beziehen. Dieses Modell ist transparenter und günstiger als das hierzulande vor wenigen Tagen beschlossene.
  • Das Gehalt sollte mit steigendem Alter weniger stark automatisch ansteigen, ohne das Lebensnettoeinkommen zu minimieren. Das lässt Spielraum, in der Mitte des Erwerbslebens höhere Gehälter zu bezahlen nach der Devise: Leistungs- statt Senioritätsprinzip.
  • Während der Lohn für Ältere automatisch steigt, sinkt oftmals deren Produktivität. Wieder gemäß dem Leistungs- statt Senioritätsprinzip sollte es möglich sein, auch abseits einer Änderungskündigung den Lohn eines Arbeitnehmers zu verringern – damit die Alternative nicht “Entlassung” lautet. 
  • Der höhere Kündigungsschutz für Ältere ist gut gemeint, aber letzten Endes kontraproduktiv. Bleiben gleichzeitig die Arbeitskosten für Ältere niedriger als derzeit, werden Unternehmen erfahrene Mitarbeiter zu halten versuchen beziehungsweise neu anstellen, wenn sie sich im Fall des Falles auch wieder von ihnen trennen können.
  • Sinnvoll wäre auch ein “Experience Rating” wie in den Niederlanden. Arbeitgeber in Branchen, in denen es viele Invaliditätsfälle gibt, müssen einen höheren Beitrag in die Versicherung einbezahlen.

Klingt dies radikal? Falls ja: All dies sind Elemente einer erfolgreichen Arbeitsmarktpolitik in Ländern, mit denen sich Österreich sonst durchaus gern vergleicht. Und die Fakten sprechen für sich: Mehr Ältere in Lohn und Brot, deren Kaufkraft Jobs für Jüngere schafft. Eine Win-Win-Situation, wie wir meinen. Die gesamte wissenschaftliche Studie können Sie hier nachlesen. Die wichtigsten Inhalte haben wir aber auch in einer Info-Grafik zusammengefasst.

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