Beschäftigung

Die Arbeitslosenzahlen explodieren – aber wie schlimm ist die Lage wirklich?

Noch nie in der Geschichte der Zweiten Republik waren so viele Menschen offiziell ohne Arbeit wie im abgelaufenen März. Ungeachtet dessen liegt Österreich in der europäischen Arbeitslosenstatistik nach wie vor auf Platz eins, wie Regierungsvertreter gerne betonen.

Nirgendwo in der EU ist die Arbeitslosenrate niedriger als hierzulande. Verschwiegen wird allerdings, dass in der offiziellen Arbeitslosenstatistik jene Menschen fehlen, die mangels Aussicht auf einen Job in Frühpension geschickt werden, die Suche nach Arbeit eingestellt haben oder in einer der staatlichen Schulungen sitzen. Mit anderen Worten: Österreich erkauft sich seinen hervorragenden Platz in der Statistik mit kostspieligen Frühpensionierungen und (nicht ganz unumstrittenen) Weiterbildungsprogrammen.

Wir von der Agenda Austria haben dieses in der Wissenschaft als „hidden unemployment“ bekanntes Phänomen offen gelegt. Beantwortet wird dabei die Frage, wer im erwerbsfähigen Alter in Zeiten schwächerer Konjunktur keiner Beschäftigung nachgeht, sich aber trotzdem in keiner Arbeitslosenstatistik findet (weil die Betroffenen nicht mehr aktiv nach Arbeit suchen).

Dabei zeigt sich, dass in Österreich im Jahresschnitt 2013 auf einen offiziellen Arbeitslosen 1,16 „versteckte“ gekommen sind. Mit anderen Worten: Die Arbeitslosigkeit ist in Wahrheit doppelt so hoch wie die von der EU ausgewiesenen Zahlen und um etwa 60 Prozent höher als die offizielle AMS-Messung. Somit fehlten in der EU-Statistik im abgelaufenen Jahr 248.500 Arbeitslose, in der AMS-Statistik waren es 176.000. Der Unterschied ist darauf zurückzuführen, dass das AMS die Zahl der Arbeitssuchenden misst, während laut EU-Berechnung bereits jemand als beschäftigt gilt, der mehr als eine Stunde pro Woche arbeitet. Auffallend ist, dass die versteckte Arbeitslosigkeit bei den 55- bis 64-Jährigen nirgendwo in der EU so hoch ist wie in Österreich.

Bemerkenswert ist auch, dass sich die Lage seit vielen Jahren kontinuierlich zuspitzt. Um die Trendumkehr am österreichischen Arbeitsmarkt zu schaffen, bräuchten die Menschen nicht mehr Schulungen und Frühverrentungen, sondern mehr wirtschaftliche Dynamik. Niedrigere Steuern, weniger Bürokratie und mehr Service für Unternehmensgründer (One-Stop-Shop) wären ein möglicher Ansatz. Ein weniger teurer Staat, der den Bürgern wieder mehr von ihren Arbeitseinkommen überlässt – statt deren Kaufkraft über höhere Steuern bis 2018 um fünf Milliarden Euro zu schwächen. Nicht zu unterschätzen ist auch die psychologische Wirkung von Reformen auf die Investitionsfreude vieler Unternehmen. Damit signalisierte die Bundesregierung nämlich zweierlei: Erstens, dass sie ohnehin unübersehbare Probleme erkennt und nicht länger ignoriert. Und zweitens, dass sie im Stande ist, diese auch zu lösen und damit jüngeren Generationen eine Perspektive auf anhaltend hohem Wohlstand zu bieten.

Das alles würde den verzweifelt nach Arbeit suchenden Menschen mehr helfen als der Verweis auf den besten Platz Österreichs in der europäischen Statistik. Davon haben Arbeitslose nämlich nicht sehr viel. Sie fragen sich vielmehr: Wenn die Politik die Arbeitslosigkeit tatsächlich verringern will – warum besteuert sie dann den Faktor Arbeit so hoch?

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